Rocksounds am Gitarren-Amp: Weitaus mehr als Einstellungssache

Lass es kesseln!

Foto: Shutterstock von Roman Voloshyn

Für erfahrene Gitarreros sind die Sound-Einstellungen zwar eine ewige Suche nach dem musikalischen Gral, allerdings auch eine funktionale, längst verstandene Selbstverständlichkeit. Einsteiger hingegen, müssen zunächst das Grundprinzip verinnerlichen, um Rocksounds am Gitarren-Amp einzustellen. Einerseits ist das Thema simpel, andererseits höchst komplex. Der Versuch eines Leitfadens.

Check it: Rocksounds am Gitarren-Amp – ein Ratgeber:

  • Nicht aus Ehrfurcht vor Lautstärke zurückschrecken
  • Die Pickup-Bestückung der Gitarre muss mitspielen
  • Englische Einstellung beginnt bei den externen Komponenten
  • Vorstufe über den Gain in die Zerre treiben
  • Endstufe übersteuern und reduzierte Leistung nutzen
  • Wer entscheidet, was ein Rock-Sound ist

Sorry, aber das schwächste Glied der Signalkette bist du selbst

Fangen wir mit dem ersten Glied der Soundkette an: mit dir! Um vernünftig drückende Rocksounds am Gitarren-Amp abzuliefern, musst du zwangsläufig auch entsprechend druckvoll spielen. Das heißt keinesfalls, dass du dafür jederzeit brachial auf deinem Instrument herumhämmern sollst. Tatsächlich aber ist die perfekteste Einstellung witzlos, falls du selbst zurückzuckst. Und das ist im eigentlichen Wortsinn gemeint.

Nicht aus Ehrfurcht vor Lautstärke zurückzucken

Fangen wir bei der Lautstärke an, die ja zunächst allenfalls beiläufig mit Sound zu tun hat. Der Sound soll kesseln, die E-Gitarre soll sich durchsetzen. Dafür hast du das Volumen-Poti weit aufgerissen; vermutlich zu weit, aber so ist es nun mal, wenn man Gas geben will. Der Song beginnt, du haust in die Saiten und bekommst dabei zugleich Ehrfurcht vor der mächtigen Leistungsfähigkeit deines Verstärkers, willst es nicht übertreiben und zuckst zurück.

Deine Finger dürfen sich nicht ängstlich beeinflussen lassen | Foto: Shutterstock von Fotokvadrat

Dem Gitarrenverstärker nicht nur zuflüstern

Geradezu unterbewusst schlägst du die Saiten vorsichtiger an, um dich ins klangliche Gesamtbild einzufügen. Tja, falsche Entscheidung. Das Resultat ist, dass du den Sound zerstörst, etwa deshalb, weil du die Obertöne unterdrückst und bei übervorsichtiger Spielweise das Sustain und die Übersteuerung nicht vollends ausnutzt. Damit du beispielsweise Röhrenverstärker in die Sättigung treibst, muss dort zunächst ein vernünftiges Signal ankommen. Auch die Effektgeräte können nur das reproduzieren und modulieren, was du ihnen zur Verfügung stellst. Um Rocksounds am Gitarren-Amp zu bringen, bringt es nichts, wenn du ihnen nur zuflüsterst.

Die Gitarre muss hergeben, was du von ihr verlangst

Wenn von Sound die Rede ist, musst du immer die gesamte Signalkette mit einbeziehen. Und dazu gehört im kompletten Setup natürlich vor allem dein Instrument. Heutzutage lassen sich mit den entsprechenden Effekten zwar mit den allermeisten unterschiedlich bestückten E-Gitarren rockige Sounds abliefern.

Wirklich authentisch können die allerdings erst mit entsprechender Pickup-Bestückung werden. Ein Heavy-Brett greift nun mal schneller und direkter zu als eine Jazz-Gitarre. Zudem haben die Pickups einen höheren Output, was die Pflichtvoraussetzung für drückende Rocksounds am Gitarren-Amp ist.

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Klangregelung der E-Gitarre bei Rocksounds nicht für Lautstärke nutzen

Unmittelbar im Zusammenhang mit der Einstellung am Verstärker, steht die Einstellung der E-Gitarre. Und da kann man in der Regel nur eine Einstellung empfehlen: Englisch! Alle Potis voll aufdrehen, um jegliche unnötigen Widerstände auszumerzen. Allerdings solltest du rechtzeitig Überlegungen anstellen, wie du die Sound- und Lautstärkeunterschiede zwischen Rhythmus- und Soloparts realisierst. Manche Gitarristen nutzen dafür die Klangregelung am Instrument, ziehen also während der Rhythmus-Passagen die Höhen oder Mitten leicht zurück. Das kann durchaus funktionieren, sorgt aber wiederum dafür, dass ein beschnittenes Signal übertragen wird.

Außerdem nimmst du dir dafür eine wichtiges Soundmittel selbst aus der Hand. Immerhin muss man auch für Rocksounds am Gitarren-Amp nicht immer mit der gleiche Equalizer-Einstellung der Gitarre arbeiten. Je nach Song oder abhängig von der Dynamik deines Solos gibst du der E-Gitarre einen variablen Klangcharakter an die Hand, wenn du flexibel mit den Höhen und Mitten arbeitest. Steve Morse von Deep Purple beherrscht das bis in die letzte Perfektion. Eine solche Möglichkeit der Klangvariabilität würdest du förmlich verspielen, falls du die Frequenzen als Begrenzer der Lautstärke verschenkst.

Die Klampfe will Gas geben, hilf ihr dabei! | Foto: Shutterstock von Zamrznuti tonovi

Rocksounds am Gitarren-Amp selbst einstellen

Langes Präludium, kurzer Sinn: Kommen wir endlich zum Gitarrenverstärker. Bekanntlich gibt es die unterschiedlichsten Verstärker, was unsere Soundreise nicht unbedingt einfacher macht. Dennoch bleibt das Grundprinzip übergreifend ähnlich bis identisch. Willst du Rocksounds am Gitarren-Amp einstellen, gehen wir davon aus, dass du verzerrte Sounds abliefern willst. Das heißt, dass insbesondere die Vorstufe stark angesteuert und auch übersteuert werden muss. Verantwortlich dafür ist der Gain-Regler am Verstärker.

Gain und Volume gegenläufig einstellen

Das diametrale Zusammenspiel von Gain und Volume ist eigentlich recht einfach; zumindest solange wir die restlichen Komponenten außeracht lassen. Drehst du die Lautstärke – den Volumenregler – weit auf, den Gain-Regler aber nur zurückhaltend, wird der Sound eher clean. Es erfolgt keine Sättigung in der Vorstufe. Du ahnst, was kommt: Für Rocksounds am Gitarren-Amp machst du es genau umgekehrt. Du ziehst den Gain-Regler weit auf, meistens sogar bis zum Anschlag, Nun regelst du die Lautstärke am Volume-Poti. Übrigens solltest du den Regler anfangs weit zurückziehen, sogar bis zum Nullpunkt, und dich anschließend vorsichtig an die gewünschte und notwendige Lautstärke tasten.

Die beiden diametralen Kameraden: Gain und Volume | Foto: Shutterstock von inrhythmo

Auch die Endstufe kann übersteuert werden

Tatsächlich aber kann man die Zerre nicht nur über die Vorstufe realisieren. Vielmehr kannst du auch die Endstufe übersteuern bzw. in die Sättigung treiben. Dabei wird die hohe Leistung kurioserweise zum Problem. Je weiter du den Lautstärkeregler aufdrehst, umso mehr wird die Endstufe übersteuert. Da muss man allerdings wirklich Vollgas geben. Das wird laut, meistens zu laut. Im Umkehrschluss heißt das, dass Amps mit weniger Leistung leichter in die Endstufensättigung getrieben werden können. Das wiederum ist der Grund dafür, weshalb etliche Verstärker, so etliche Modelle von Marshall, einen Schalter für die Leistungsreduzierung mit an Bord haben.

Idealerweise mit Leistungsreduzierung übersteuern

Das will sagen: Du hast beispielsweise eine 100 Watt starken Vollröhren-Amp. Drehst du den im üblichen Szenario voll auf, würdest du dir und deinen Bandkollegen zunächst mal die Ohren wegpusten. Also reduzierst du die Endstufenleistung, schaltest beispielsweise auf 20 Watt. Weitaus einfacher ist es mit dieser Einstellung die Endstufe zu übersteuern. Und schon hast du mit der Vorstufe und Endstufe zwei nutzbare Protagonisten für die Einstellung deiner brachialen Rocksounds am Gitarren-Amp.

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Erstmal den richtigen Kanal wählen

Bei zahlreichen Gitarrenverstärkern ist das übrigens auch abhängig vom jeweiligen Kanal. Häufig gibt es einen Clean- und einen Overdrive-Kanal, die Bezeichnungen sind unter den Herstellern zuweilen abweichend, haben aber die gleiche, wenn nicht sogar dieselbe Bedeutung. Das will sagen: Um den richtigen Bratsound aus dem Verstärker zu kitzeln, musst du zunächst mal in den Overdrive-Kanal, Lead-Kanal, Solo-Kanal – oder wie auch immer der heißt – wechseln. Sinnvollerweise besitzt du dafür einen Fußschalter.

Equalizer: Basiseinstellung und Feinjustierung

Ist die Zerre über Kanalwahl und Gain eingestellt, widmest du dich dem Equalizer. Gerade bei Sounds der härteren Gangart musst du um der Durchsetzungsfähigkeit willen an den Frequenzen schrauben. Also kümmerst du dich im nächsten Schritt die Equalizer-Sektion. Als Basis-Einstellung drehst du den Bassregler auf 08 von 10, die Mitten auf 05 von 10 und die Höhen auf 08 von 10, gerne auch auf 10 von 10. Die Mitten sollten für Rocksounds am Gitarren-Amp jedenfalls deutlich niedriger eingestellt sein als Bass und Höhen.

Mitten runter, Bass und Treble rein! | Foto: von Romina Hirschmann

Wer will entscheiden, wie Rocksounds am Amp klingen sollen?

Abhängig von deinen persönlichen Soundvorstellungen und letztlich auch der Leistungsfähigkeit sowie dem Output der Tonabnehmer deiner Gitarre kommt nun die Feinjustierung. Wie gesagt, bislang handelt es sich um eine Basic-Einstellung. Zur Wahrheit gehört auch, dass dir kein Mensch vorschreiben kann, wie Rocksounds klingen müssen. Wenn du zehn Gitarristen befragst, wirst du vermutlich neun verschiedene Meinungen erhalten. Nicht zu vergessen, dass die Sound-Ästhetik sich im Laufe der Jahrzehnte und jeweils populären Musikstile auch immer gewandelt hat. Ein Rocksound am Gitarrenamp aus den 60ern und 70ern klingt komplett anders, meistens puristischer, als etwa in den 80ern und 90ern.

Rocksounds sind auch von der jeweiligen Zeit geprägt

Auch angesichts der technischen Entwicklungen in der Verstärker-Geschichte konnten die Sounds im Metal deutlich brachialer werden. Die Rocklegenden früherer Zeiten setzten nahezu ausschließlich auf puristische Vollröhrenverstärker, meistens von Marshall. Im Grunge trat an die Stelle reiner Röhrenverzerrung der Overdrive-Effekt, wobei vielfach auch Bodeneffekte wie Booster- oder Overdrive-Pedale genutzt wurden. Längst gibt es äußerst kompakte Combos, die letztlich eine Röhrenvorstufe darstellen und damit der Retro-Welle voll in die Hände spielen.

Unter dem Strich machst du wichtigsten Einstellungen also über Gain und Volume. Und dann müssen deine Finger und das Instrument auch noch mitspielen. Alles Weitere ist Geschmackssache. Du bist der aufstrebende Musiker. Überzeuge den Rest der Welt mit deinen Rocksounds am Gitarren-Amp. Wir sind schon jetzt gespannt!

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Auch interessant: „Wieviel Watt dein Gitarrenverstärker haben sollte“.

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