Welche Gitarrengröße für welche Körpergröße? Ein Ausflug in die Welt des Gitarrenbaus

Ein Leitfaden für die richtige Größe der Gitarre

| Foto: Shutterstock von Robert Kneschke

Sind die Füße noch klein, müssen die Schuhe passen. Andernfalls fällt das Laufen-Lernen schwer. Nicht anders verhält es sich bei einer Gitarre. Die Kinder sind noch nicht ausgewachsen; die Gitarre schon. Damit musikalische Einsteiger nicht gleicht bei ihren ersten Tönen stolpern, hier ein paar Informationen zur Frage: Welche Gitarrengröße ist passend zu welcher Körpergröße?

Check it: Welche Gitarrengröße in welchem Alter

  • Haltungsfehler durch das geeignete Instrument vermeiden
  • Die verschiedenen Größen von Schüler- bis Standardgitarren
  • Mensur als entscheidende Referenzgröße
  • Ellbogentest und Berechnungsformel

Orientierungshilfe: Welche Gitarrengröße passt zu dir?

Nicht nur, wenn es sich um das erste Instrument handelt, ist die richtige Größe der Gitarre immens wichtig. Der Grund: Wie bei allem, was zu groß oder zu klein ist, würdest du dir andernfalls Haltungs- und Greiffehler angewöhnen. Jeder dieser Fehler krallt sich fröhlich im Gedächtnis  fest, bis du ihn perfekt beherrscht. Das war nicht der Sinn der Sache. Zumal die Anfangszeit besonders prägend ist, werden die enthusiastisch eintrainierten Fehler zu musikalischen Stolpersteinen.

Sind die Finger nicht ausgewachsen, muss das Instrument kleiner sein

Die Lösung? Sind die Finger noch nicht ausgewachsen, muss die Gitarre kleiner dimensioniert sein. Und  da man aus Holz bekanntlich nicht einfach die Luft rauslassen kann, werden Konzertgitarren in kindgerechten Maßen gebaut. Selbstverständlich wäre es schön; aber leider nein: Das Instrument wächst nicht mit. Also gibt es für nahezu jede Körpergröße der Kids bis zu den Anforderungen ausgewachsener Gitarristen das passende Instrument. Aber welche Gitarrengröße ist nun die richtige?

Keine Chance, wenn das Instrument zu groß ist | Foto: Shutterstock von LightField Studios

Referenzgröße sind die Erwachsenen-Instrumente

Um die verschiedenen Modelle abzuleiten, benötigen wir zunächst eine Referenzgröße. Das Standardmaß der Konzert- und Schülergitarre ist die 4/4-Größe. Eigentlich ein merkwürdiger Begriff, schon klar. Weshalb nennen die  das nicht gleich eine „ganze“ Gitarre. Ehrliche Antwort? Keine Ahnung. Das hat sich irgendwie in den musikalischen Wortschatz eingeschlichen. Unterhältst du dich mit Musikern darüber, welche Gitarrengröße für dich passt, werden sie das Instrument kaum als 4/4-Gitarre bezeichnen. Das ist dann eben eine Konzertgitarre und gut. Als Erwachsener ist man also Standard. Pass‘ bloß auf, dass du nie erwachsen wirst.

Kleiner dimensioniert hat nichts mit mangelnder Qualität zu tun

Eine Schülergitarre ist ein Abbild der ausgewachsenen Kameraden. Eben alles wir üblich, nur eben ein bisschen kleiner. Wichtig zu wissen: Bei dieser maßstabgetreuen Bauweise geht es um die stimmigen Proportionen, die müssen penibel genau eingehalten werden. Andernfalls wäre das normale Gitarrenspiel nicht möglich. Bei der Überlegung, welche Gitarrengröße die richtige ist, könnte man sich leicht fragen, ob die kleiner Dimensionierten überhaupt „echte“ und qualitative Instrumente sind. Ja, unbedingt. Die Größe der Gitarre ist keine Aussage über die Qualität.

Von den Standard-Maßen der 4/4-Gitarre werden die weiteren Modelle abgeleitet. Und von denen gibt es reichlich. Die gängigsten neben der ausgewachsenen Konzertgitarre sind die 7/8-, die 3/4-, die 1/2- und die 1/4-Größe. Es gibt noch kleinere Modelle, und zwar die 1/8- und die 1/16-Größe. Und schon wird’s für Eltern ohne Hilfestellung doch ein wenig kompliziert. Woher will man nun wissen, welche Gitarrengröße zu welchem Alter bzw. zu welcher Körper-, Hand- und Fingergröße passt?

Musikalische Familie von ganz klein bis Standard | Foto: Shutterstock von MagicBones

Das wichtige Thema der Mensur: Länge der frei schwingenden Saiten

Bevor wir konkreter werden, müssen wir uns zum besseren Verständnis mit einem Fachausdruck von Musik und Instrumentenbau beschäftigen: der „Mensur“. Dieses Wort bezeichnet die (schwingende) Länge der Gitarrensaiten. Ist die Saite kürzer als üblich, darf auch der Hals kürzer sein. (Nein, nicht dein Hals, sondern der Gitarrenhals.) Ein Schuh wird daraus, wenn sämtliche Komponenten vom Korpus bis zum Hals in ihren Proportionen aufeinander abgestimmt sind.

Aus eben dieser Mensur ergibt sich, welche Gitarrengröße für die für dich passende ist.

  • Mensur einer 4/4-Gitarre: 630 – 650 mm – Körpergröße ab 1,60 Meter
  • Mensur einer 7/8-Gitarre: 620 – 630 mm – Körpergröße 1,40 – 160 Meter
  • Mensur einer 3/4-Gitarre: 595 – 614 mm – Körpergröße 1,30 – 1,50 Meter
  • Mensur einer 1/2-Gitarre: 530 – 547 mm – Körpergröße 1,20 – 1,40 Meter
  • Mensur einer 1/4-Gitarre: 472 – 487 mm – Körpergröße 1,10 – 1,30 Meter
  • Mensur einer 1/8-Gitarre: 397 – 440 mm – Körpergröße bis 1,10 Meter

Tatsächlich bedeutet das auch, dass nicht das komplette Instrument etwa nur halb so groß wie die Standard-Gitarre ist. Auch bekommst du natürlich nicht nur die Hälfte oder ein Viertel eines Instruments. Der wichtigste Bestimmungsfaktor ist und bleibt die Mensur. Die anderen Bauteile von Korpus bis zum Hals und Kopf sind kindgerecht darauf abgestimmt, wobei akustische Aspekte beachtet werden, damit auch die kleineren Modelle noch vernünftig klingen können.

Mindestens drei zielführende Wege zur Bestimmung der Gitarrengröße

Wir wollen versuchen, hier ein paar aussagekräftige Anhaltspunkte zu liefern. Ob die Gitarre wir angegossen passt kannst du manuell testen oder errechnen. Beide Varianten geben die Antwort darauf, welche Gitarrengröße gewählt werden sollte, und führen entsprechend zum Ziel.

Der Ellbogentest von Ekhard Lind

Nehmen wir zunächst den bewährten Ellbogentest von Ekhard Lind, einem ehemaligen österreichischen Konzertgitarristen, der etwa 25 Jahre an Hochschulen in Salzburg und Stuttgart unterrichtet und mit seiner Konzertgitarre so ziemlich die ganze Welt bereist hat. Der von Lind entwickelte Test ist etwas für Praktiker und mit ein wenig Basiswissen simpel durchführbar.

Die Gitarre wird mit dem Kopf nach oben gestellt oder gehalten. Nun setzt der Gitarrenschüler den Ellbogen auf den Korpus direkt neben dem Hals. (Neben den Hals der Gitarre, nicht neben den eigenen. Ich hab’s probiert, das funktioniert nicht.) Den Unterarm hält man nun parallel zum Gitarrenhals. Achtung es wird detailreich: Der unterste Knöchel des Handgelenks sollte  sich nun zwischen dem ersten und zweiten Bund befinden. Falls das so ist, hat die Gitarre die richtige Konfektionsgröße. Falls nicht, muss eben weiter ausgesucht werden.

Der Ellbogentest bringt dich weiter | Foto: Shutterstock Business stock und spaxiax

Die Berechnung – bewährt pauschalisierende Formel

Achtung, jetzt wird’s richtig abgedreht, weil mathematisch. Wir berechnen auf der Basis von empirisch gesammelten Faktoren, welche Gitarrengröße für dich passt. Hol schon mal den Taschenrechner heraus. Eine Gitarre in Standardgröße ist grundsätzlich für Menschen mit einer Körpergröße von 1,80 m konzipiert. In den Jahrzehnten und Jahrhunderten des Gitarrenbaus hat sich ergeben, dass Menschen dieser Größe auf einer ebensolchen Gitarre mit einer Mensur von 65 cm gut zurechtkommen.

Auf dieser Grundlage basierend wird diese Formel: Mensur : Körpergröße = 0,36. Davon wieder abgeleitet wird zunächst die Annahme, dass das proportionale Verhältnis auch für kleinere Körpergrößen beibehalten werden kann. Wenden wir diese Formel etwa auf eine ½-Größe an, ergibt sich aus der 520er-Mensur bei einer Körpergröße von 1,40 m ein annähernder  Wert von 3,79. Wir wollen die Rechnung aber andersherum, dafür brauchen wir unsere Formel nur umzustellen. Dann lautet sie M = K x 0,36. Oder um es noch schlüssiger zu machen: Körpergröße (K) x Faktor 0,36 = Mensur.

Und hier die Beispielrechnung: Das Kind ist 135 cm groß. Die Größe wird mit dem Faktor 0,36 multipliziert. Resultat: 135 x 0,36 = 48,6. Nach dieser These beträgt die passende Länge der Mensur das 0,36-Fache der Körpergröße. Puh, geschafft. Wir haben das Gefühl, dass die Ellbogenmethode nach Link pragmatischer ist. Tatsächlich aber kannst du mit der Berechnung, welche Gitarrengröße die richtige ist, auch eine Ferndiagnose machen, ohne ein Instrument oder dein Kind in Händen zu halten.

Eine pauschale, aber bewährte Formel | Grafik: Ina Germer

Das subjektive Spiel- und Greifgefühl nicht vergessen

Die dritte Methode kann – und sollte – allenfalls eine Ergänzung sein. Die Kinder sollten das Instrument natürlich auch in die Hand nehmen, ein bisschen die Finger darauf bewegen. Sie müssen spüren, wie es sich anfühlt. Denn bei all den Berechnungsbemühungen haben wir noch nicht mit einfließen lassen, dass jedes Kind selbstverständlich individuell und einzigartig ist. Und somit bleibt einerseits fraglich, ob deine Körpergröße überhaupt der sinnvolle Referenzfaktor ist. Wäre nicht vielleicht die Länge der Finger, die Größe deiner Hand aussagekräftiger? Sei’s drum, irgendeinen Ansatz muss man haben. Und die oben genannten Varianten haben sich bewährt.

Immer wieder berichten Instrumentallehrer, dass Kids mit ihren noch ungeübten Fingern Bewegungsspielraum benötigen. Dieser Spielraum lässt sich auf einem kürzeren Griffbrett nur begrenzt realisieren. Längst aber ist diese Tatsache bei den Gitarrenbauern angekommen. Reagiert wird auf diese Anforderung damit, dass in den tieferen Bünden leicht überproportioniert werden, um Platz für die Finger zu schaffen. In den hohen Bünden werden die verschobenen Proportionen wieder ausgeglichen. Das wirkt sich auf das Greif- und Spielgefühl aus. Bei der Entscheidung, welche Gitarrengröße gewählt werden sollte, ist auch deshalb das Körpergefühl sehr bedeutsam.

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Beim Gitarrenkauf gibt es etliche Dinge zu beachten. Interessant deshalb für dich: „Qualität einer Gitarre beurteilen“.

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