Schlagzeug-Mikrofonierung: Eine der Königsdisziplinen on Stage

Drumset-Mikrofonierung richtig gemacht

| Foto: Shutterstock von Gallks

Das Drumset ist per se nicht gerade leise. Dennoch muss es selbstverständlich abgenommen werden, wobei es unterschiedlichste Möglichkeiten gibt. Den natürlichsten Sound liefern noch immer Mikrofone. Allerdings müssen die auch vernünftige platziert und ausgerichtet werden. Gar nicht mal so einfach. Hier kommen für dich unsere Tipps für die sinnvolle Schlagzeug-Mikrofonierung:

Check it: Schlagzeug-Mikrofonierung

  • Die Problematik der vielen Variablen
  • Herangehensweisen bei der Drum-Mikrofonierung
  • Abnahme einzelner Komponenten
  • Overhead-Abnahme
  • Phasenlage – Distanzen ausmessen

Schlagzeug-Mikrofonierung – ein Thema mit vielen Variablen

Gerne würde man auf komplexe Fragen möglichst simple Antworten geben; gewissermaßen eine unumstößliche Kardinallösung, bei der ausschließlich ein einziges Resultat am Ende rauskommt. Bei der Schlagzeug-Mikrofonierung kann es eine solche einzige Lösung nicht geben. Zu viele Variablen, Voraussetzungen und Komponenten greifen ineinander und müssen entsprechend in die Überlegungen mit einfließen. Von vielen Insidern wird die Drum-Mikrofonierung sogar als die tontechnische Königsdisziplin bezeichnet.

Unterschiedliche Wege, sich der Drum-Mikrofonierung zu widmen

Grundsätzlich existieren mindestens zwei Wege, auf denen wir uns dem Thema nähern können. Einerseits können wir betrachten, welche Dimensionen und Kessel etc. das Schlagzeug hat und darauf basierend die Einkaufsliste mit der Anzahl der benötigten Mikrofone zusammenkritzeln. Tontechnisch korrekt, allerdings kann das äußerst kostspielig werden.

Variante 1 – die kostspielige Perfektion des Tonstudios

Stellen wir uns ein „übliches“ Schlagzeug vor, etwa Bass Drum, Snare Drum, diverse TomToms, ein Floor-Tom, dazu die Beckensammlung von Ride- bis Crashbecken und Hi-Hat, vielleicht noch ein paar Percussions wie Cowbell usw. All das für sich sind einzelne Instrumente, die erbsenzählende Tontechniker korrekterweise auch einzeln abnehmen würden.

Wie viele das sind und welche Anzahl von notwendigen Mikrofonen sich daraus ergibt, will du gar nicht zählen. Im Handumdrehen ringt dein Konto nach Luft und sucht nach den Herztabletten. Protzend positiv hingegen wäre, dass du definitiv mehr Mikrofone als der Sänger oder die Sängerin besitzt, vermutlich auch mehr als der gesamte Background-Chor.

Da fängt selbst das optimal gefüllte Konto an zu weinen | Foto: Shutterstock von Suwin

Variante 2 – der hoffentlich leistbare Weg

Schon wird dir bewusst, weshalb wir an der Kreuzung zunächst in eine andere Richtung abbiegen. Fragen wir uns lieber, wie die Schlagzeug-Mikrofonierung mit einigermaßen leistbaren Mitteln umgesetzt werden kann. Wie viele Mikrofone werden für ein vernünftiges Ergebnis wirklich benötigt? Auf welche Abnahmepunkte solltest du keinesfalls verzichten? Hörst du, wie dein Konto sich leicht entspannt und sein Überlebenswille wieder zurückkehrt?

Herangehensweisen bei der Schlagzeug-Mikrofonierung

Bei der Mikrofonierung nicht nur von Drum-Kits sprechen wir von drei verschiedenen Formen. So dem „Close Miking“, bei dem man möglichst nah an die Schallquelle geht. Vorteil ist der druckvolle Sound; Nachteil ist ein unnatürliches Klangbild.

Zweite Variante ist das „Distant Miking“. Wie der Name besagt, wird das Mikrofon in einer gewissen Distanz positioniert, 15 bis 20 cm sind keine Seltenheit. Das Set klingt natürlicher und in den Raum eingebettet, was aufgrund der Raumfrequenzen und Übersprechungen zugleich die Problematik ist. Da hilft nur zu experimentieren, bis das Verhältnis von Original-Signal und diffuser Raumakustik vernünftig stimmt.

Weitere Möglichkeit ist das sogenannte „Ambient Miking“, optimal, um den gesamten Raumklang besonders natürlich einzufangen. Zumal wir uns hier mit dem Live-Szenario beschäftigen wollen, entfällt diese Variante und ist hier gerade nicht unsere Baustelle.

Im richtigen Winkel positionieren, um den Kesselsound zu erhalten

Je dichter die Mikrofone an den Drum-Komponenten platziert werden, desto härter wird der Sound, außerdem basslastig, was in Rock, Pop & Co. durchaus das Ziel sein kann. Nicht weniger bedeutend ist der Winkel, in dem du das Mikrofon ausrichtest. Richtest du das Mikrofon senkrecht zum Fell, also im 90°-Winkel, quittiert der Sound das durch reichlich Attack und Härte. Die Erklärung dafür ist, dass das Mikrofon in dieser Position kaum den Schall des Kessels, stattdessen gewissermaßen körperlos die Schläge auf das Fell aufnimmt.

Werden Mikrofone etwas distanzierter ausgerichtet, entwickelt der Sound sich natürlicher, weicher und nicht so martialisch druckvoll. Auch hier kannst du mit dem Winkel experimentieren, wodurch die Membrane des Mikros nicht absolut direkt auf das Fell zeigt. Resultat ist, dass der Klang räumlicher wird und Resonanzen des Kessels mit übertragen werden.

 

Der Winkel ist soundentscheidend | Foto: Shutterstock von Aleksandrs Muiznieks

Bass Drum mikrofonieren: Das Mikro direkt in den Bauch schieben

Üblich und bewährt ist es, die Bass Drum direkt im Inneren abzunehmen. Idealerweise verwendest du dafür ein dynamisches Mikrofon und einen entsprechend kurzen Mikrofonständer, den du vor die Bass Drum stellst. Oder sollten wir lieber sagen „hinter“ die Bass Drum? Normalerweise hat das rückseitige Fell eine kreisrunde Aussparung. Dort hindurch wird das Mikrofon am Galgen geschoben. Und nun folgt für dich die Kunst, die ideale Position zu finden.

Mikrofon in der Bass Drum stimmig platzieren | Foto: Shutterstock von Juan Aunion

Die stimmige Distanz des Bass-Drum-Mikros

Das Mikrofon darf sich aus einem simplen Grund nicht zu nah vor dem Fell befinden: Einkalkulieren musst du, dass das Fell der Bass Drum sich beim Spielen nach innen wölbt, je rabiater die Fußmaschine behandelt wird, umso deutlicher. Schließlich willst du das Mikrofon nicht zertrampeln. Andererseits kannst du das Mikrofon auch nicht zu weit in die Mitte des Kessels rücken, andernfalls würde ein unkontrollierbares Gedröhne ertönen. Der Mann am Mischpult wird dann sicherlich nicht mehr dein Freund.

Der goldene und bewährte Mittelweg lautet: Die Distanz zwischen Mikrofon und Fell sollte ungefähr 5 bis 10 Zentimeter betragen. Auch hier denkst du wieder an den oben angesprochenen Winkel. Das Mikrofon muss keinesfalls absolut gerade ausgerichtet sein. Vielmehr wird die Bass Drum natürlicher klingen, wenn der Winkel des Mikros ein wenig schräg zum  Schlegel der Fußmaschine ausgerichtet ist.

Snare Drum mikrofonieren – nicht selbst die Bewegungsfreiheit verbauen

Eigentlich ein Sonderfall ist die Snare. Die Trommel klingt aufgrund des Teppichs oben und unten unterschiedlich. Bei Studioaufnahmen wird großer Wert darauf gelegt, beide Signale einzufangen. Im Live-Betrieb darf das entfallen. Der Teppich schnarrt so markant, dass ein Mikrofon ausreichen sollte. Wie die Bass Drum gehört die Snare zu deinen wichtigsten und bestimmenden Komponenten. Das will sagen: Die Snare darf und sollte ebenfalls ihr eigenes Mikrofon zugewiesen bekommen. Ein gut geeigneter Klassiker dafür ist das Shure SM 57. Zu finden auf dieser Produktseite auf thomann.de.

Ein Klassiker für die Instrumentenabnahme | Foto: von Thomann

Hi Hat mikrofonieren – entgegengesetzt der Snare ausrichten

Durch die Mikrofone solltest du dir als Drummer nicht die Bewegungsfreiheit rauben. Allerdings gibt es noch einen Kameraden, dem du ausreichend Platz einräumen musst: die HiHat. Bekanntlich bewegen die Becken sich auf und ab, außerdem schwingen die Becken. (Was ja deren Aufgabe ist.) Um Nahbesprechungseffekte zu vermeiden, solltest Du das Mikrofon so platzieren, dass es in entgegengesetzter Richtung der Snare positioniert ist. Ansonsten könnte sich eine fröhliche Akustiksuppe ergeben. Ausgerichtet sein sollte es etwa auf den Bereich zwischen Glocke und Rand.

Ausreichend Spielraum für die Bewegungen der Hi-Hat lassen | Foto: Shutterstock von Nikorn Kulatnam

Overheads sinnvollerweise in Stereo-Anordnung

Mittlerweile hast du bereits drei Mikrofone im Einsatz. Vermutlich schon mehr als erwartet, aber weniger als befürchtet. Noch sind wir nicht am Ende der Fahnenstange angelangt. Zwei spezielle Vertreter fehlen uns noch. Nämlich die beiden Mikrofone für die Overhead-Abnahme. Hauptsächlich zuständig sind die Overheads für die Abnahme der Becken.

Für die Stereo-Abnahme von Becken und mehr | Foto: Shutterstock von dan.nikonov

Gerade weil die Overhead-Mikrofone recht hoch gehängt werden, etwa einen Meter über dem Drumset, ist es für dich Pflichtprogramm, wirklich solide und standfeste Mikrofonständer zu verwenden. Anders als bei beispielsweise der Bass Drum kommen hier Kleinmembran-Kondensatormikrofone mit Nierencharakteristik zum Einsatz. Gute und bewährte Ergebnisse liefert das MC-930 von beyerdynamic; gleich im 2er-Stereo-Set findest du es auf dieser Produktseite auf thomann.de.

Sinnvollerweise im Stereo-Set | Foto: von Thomann

Overhead in XY- oder AB-Aufstellung positionieren

Die beiden Mikrofone richtest du quasi Stereo aus. Hundertprozentig und vor allem voneinander abgeschirmt kann das auf der handelsüblichen Bühne nicht funktionieren. Doch es gibt Tricks, mit denen sich gute Näherungswerte erzielen lassen. Und nun kommen wir an weiteren Fachbegriffen leider nicht spurlos vorbei. Für die Stereo-Abnahme häufig genutzt werden die sogenannte XY-Aufstellung und die AB-Aufstellung.

Bei der ersteren befinden sich die beiden Mikrofone sehr nahe beieinander, werden mit einem Winkel von üblicherweise 120° zueinander ausgerichtet. Bei der AB-Variante haben die Mikrofone je nach Situation einen Abstand zwischen 80 und 150 cm voneinander. Maßgeblicher Unterschied ist, dass mit dem AB-Konzept mehr räumliche Tiefe erzeugt wird.

Phasenlage austarieren, Auslöschungen vermeiden, Soundsuppe nicht zulassen

Klar ist, dass die Overheads nicht nur die Becken abnehmen, sondern dort hinein auch beispielsweise die Snare einstreut. Das lässt sich mit überschaubarem Equipment nicht vermeiden, ist allerdings auch nicht weiter schlimm. Deutlich unangenehmer wäre es, wenn die Signale aufgrund der unterschiedlichen Distanz verschoben auf die Mikrofone treffen, was sich bereits im Mikrosekundenbereich akustisch unangenehm bemerkbar machen kann, insbesondere bei den besonders lauten Quellen wie der Bass Drum oder der Snare. Helfen kann ein Zollstock, mit dem du die Strecke präzise ausmisst und die Mikrofone entsprechend korrigierst.

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Deutlich weniger Mikrofone benötigst du beim E-Drumset. Eigentlich gar keins. Dabei läuft die Abnahme eben elektronisch. Falls das für dich interessant sein kann, hier unser Artikel zum Thema „Schlagzeug spielen auf dem E-Drum“.

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