Röhrenverstärker für Gitarre – rundum bestens informiert

Schwer und mächtig, aber unbedingt cool

Foto: Pexels von Sebastiaan Stam

Röhrenverstärker sind schwer, oftmals reparaturanfällig und meistens auch teurer als ihre Mitbewerber. Und dennoch punkten sie mit Vorzügen, die so kaum zu übertreffen oder imitieren sind. Welche das sind? Informiere dich hier über Röhrenverstärker für Gitarre mit dem authentischen Sound der Jahrzehnte.

Check it: Infos über Röhren-Amps für E-Gitarre

  • Wie der besondere Röhrensound zustandekommt
  • Was das Obertonverhalten bedeutet
  • Triode, Kathode und Anode
  • Weshalb der Service etwas für Fachleute ist
  • Warum Transistorverstärker sich nicht durchgesetzt haben
  • Und niemals sterben sie so ganz

Röhrenverstärker für Gitarre – unbedingt eigenständig

Obschon Röhrenverstärker für Gitarre gegenüber Transistor- und Hybridverstärkern nicht nur Vorteile haben, sind sie für die meisten Gitarristen noch immer die Wahl der Wahl. Immerhin steht auf der Habenseite ein mehr als entscheidendes Argument: der Klang. Röhrenverstärker zeichnen sich durch ihren besonders warmen und natürlichen Sound aus. Das macht sich sowohl in der Sättigung als auch in der Verzerrung mehr als deutlich bemerkbar und grenzt sie von den oftmals eher kühl wirkenden Sound anderer Verstärkertypen ab.

Schwebender Ritt auf der Soundwelle

Zugleich punkten Röhrenverstärker mit starker Dynamik sowie gutem Impulsverhalten. Die Signale werden schnell verarbeitet. Das wiederum wirkt sich maßgeblich auf die Bespielbarkeit aus. Wenn die Amps in die Sättigung getrieben werden, beginnt einfach jeder Ton zu schweben. Als Gitarrist hat man das Gefühl, auf einer Welle der Sounds zu reiten. Natürlich klingen nicht alle Röhrenverstärker gleich. Das wäre auch langweilig. Schließlich klingt auch nicht jede Geige gleich. Und letztlich ist und bleibt der Gesamtsound das Zusammenspiel sämtlicher Komponenten im Signalweg.

Als Gitarrero im Röhrensound einfach wohlfühlen und abgehen | Foto: Pexels von Wendy Wei

Soundunterschiede selbst bei baugleichen Röhren möglich

Angesichts der teils komplexen Konstruktion die konkreten Gründe für die klanglichen Unterschied auszumachen, wäre mehr als kompliziert. Und sicherlich muss man nicht auf einen einzigen Aspekt von der internen Schaltung über die qualitativen Bauteile oder die Frage, ob die Platinen von Hand verlötet sind oder nicht mit dem Finger zeigen. Tatsache aber bleibt, dass die verwendeten Röhren eine große Rolle spielen. Jede Röhre kann einen anderen Klang erzeugen, was selbst bei baugleichen Röhren derselben Marke auftreten kann.

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Der „Klang“ der Röhre und die Obertöne

Das klangcharakterliche Hauptaugenmerk sind die produzierten Obertöne. Bei einem Transistorverstärker sind exakt die vergleichsweise leise und dabei eher nicht schön. Der Röhrenverstärker liefert demgegenüber von unserem Gehör als angenehmer empfundene, relative starke und zugleich harmonische Oberwellen.

Revolution mit der Erfindung der Elektronenröhre

Die Elektronenröhre wurde Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt. Sie sollte in der Elektrotechnik geradezu für eine Revolution sorgen. Immerhin war sie damals das einzige zur Verfügung stehende Bauteil, das elektronische Signale verstärken konnte. Nur folgerichtig wurde sie in die unterschiedlichen Geräte und Neuentwicklungen integriert. Die Elektronenröhre war die verstärkende Basis für das Radio, den Plattenspieler; auch hätte es deinen Tonfilm und nicht mal Computer gegeben.

Ohne die Elektronenröhre hätte es all das nicht gegeben | Foto: Shutterstock von AerialVision_it

Das Funktionsprinzip der Röhrentriode

Der eigentlich Siegeszug begann 1913 mit der Entwicklung der sogenannten Röhrentriode. Eine Glasglocke umschließt einen luftleeren Raum, in dem sich wiederum ein Draht – die Kathode – befindet, außerdem ein Auffangblech – die Anode – sowie ein Drahtgeflecht, das als Steuergitter bezeichnet wird. Während vereinfacht ausgedrückt der Draht bei Erhitzung negativ geladene Elektroden ausschleudert, werden unter Voltspannung vom positiv geladenen Blech angezogen und aufgefangen. Je negativer die am Steuergitter anliegende Spannung ist, desto weniger Strom fließt durch die Röhre, zumal gleichgerichtete Ladungen sich gegenseitig abstoßen. Über die Gitterspannung lässt sich somit der Stromfluss beeinflussen.

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Bereits kleinste Spannungsänderungen sorgen für hohe Strom- und Leistungsänderungen. Die vermeintlichen Nachteile der Triode sind kurioserweise Vorteile beim Röhrenverstärker für Gitarre. Zumal Anode und Steuergitter wie ein Kondensator wirken, können insbesondere die hohen Frequenzen passieren. Exakt das wirkt sich positiv auf den Gitarrensound vor allem in der Vorstufe der Röhrenverstärker für Gitarre aus. Legt man das Audiosignal vom Tonabnehmer der Gitarre auf das Gitter, ändert sich die negative Gitterspannung, jeweils abhängig davon, mit welcher Dynamik und Intensität die Saiten bearbeitet werden und selbstverständlich auch, mit welchen Pickups die Gitarre bestückt ist.

Kleinste Spannungsunterschiede ändern den Sound | Foto: Shutterstock von Sergey Merkulov

Triode in die Vorstufe, Pentode in die Endstufe

Bekanntlich besteht ein Röhrenverstärker für Gitarre aus der Vorstufe und der Endstufe. Während die Triode in der Vorstufe genutzt wird und somit hauptsächlich soundbildend ist, sind die Endstufen in der Regel mit Pentoden-Röhren oder den sogenannten Beam Power Tetroden bestückt, die mit zusätzlichen Gittern für die Stromregelung innerhalb der Röhre zuständig sind und in der Folge eine noch höhere Verstärkung ermöglichen. Während in der Vorstufe ein Spannungsverstärker benötigt wird, handelt es sich in der Endstufe um einen Leistungsverstärker.

Von der Schwierigkeit, Sound in Worte zu fassen

Klar ist es immer schwer Sound mit Worten zu beschreiben. Auch bleibt eine Wertung schlichtweg sinnlos, zumal die grundsätzlich nur subjektiv aus dem eigenen Geschmack heraus getroffen werden kann. Um möglichst neutral zu bleiben, können wir den Sound vielleicht so zusammenfassen. Transistorverstärker klingen präziser, Röhrenverstärker wiederum subjektiv schöner. Doch damit wären wir wieder in der Subjektivität verfangen.

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Das Paradoxon des digitalen Röhrenimitats

Durchaus interessant ist übrigens, dass heutzutage mit digitalen Gitarrenverstärkern, Modeling-Amps und auch Multieffekten unterschiedliche Verstärkertypen abgebildet werden können. Über die Amp-Simulation werden nicht selten die Klassiker der Verstärkergeschichte imitiert, teils sogar erstaunlich authentisch. Und das sind eben in der Regel Röhrenverstärker für Gitarre, die dann über die Cabinet-Simulation wiederum mit den passenden Boxentypen wie der 4×12‘‘-Box kombiniert werden.

Da werden also innovative Technologien im Verstärker- und Effektbau dafür genutzt, Modelle nachzubilden, die es so physisch auch ohne digitale Technik physisch bereits gegeben hat. Tatsächlich sind diese Versuche nah dran am Original. Dennoch fehlt das letzte Quäntchen Authentizität. Vor allem auch, was das Spielgefühl, das kontrollierte Feedback und weitere Details anbelangt.

Nachteile der Röhren sind Vorteile für Gitarrenverstärker

Zu den Nachteilen von Röhren gehört zweifellos, dass diese Bauteile nicht ewig halten und irgendwann einfach durchgespielt sind. Tatsächlich ist die Herstellung kostspielig und aufwändig. Ebenso müssen Röhren erst aufgeheizt werden, wofür wiederum erstens Zeit und zweitens viel Energie benötigt wird. Mit zunehmender Betriebsdauer verändert sich auch der Klang. Dann bleibt nur der Gang zum versierten Techniker übrig.

Der Röhrenwechsel ist ein Thema für Spezialisten, die wissen, was sie tun. Denn die Röhren müssen eingemessen werden. Einfach die alten rausnehmen und neue reinstecken, funktioniert nicht. Zwar verabschieden sich die Röhren nicht derart schnell wie Gitarrensaiten. Doch wenn eine Instandsetzung anstehe, nagt die nicht unerheblich an der Reibung zwischen Daumen und Zeigefinger. Und natürlich winken die Röhren grundsätzlich im falschesten aller Augenblicke mit der weißen Fahne. Ein sekundenschneller Wechsel ist nicht möglich. Und einen Ersatzverstärker haben ganz sicher auch die wenigsten Gitarristen in der Tasche.

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Achtung Sicherheitsrisiko – keine Instandsetzung mit Laienhänden

Und wo wir schon mal bei den Themen Service, Reparatur und Instandsetzung sind: Röhrenverstärker für Gitarre erzeugen extrem hohe Spannungen, oftmals sogar höher als die übliche Netzspannung von 220 bzw. 230 Volt. Und solche Stromstärken sind für Laien bekanntlich gefährlich, zuweilen lebensgefährlich. Elektrotechnisch Unkundige sollten von DIY-Versuchen unbedingt die Finger lassen.

Dabei spielt die Tatsache, dass neue Röhren mit Fachkenntnis eingemessen werden müssen, sogar noch eine untergeordnete Rolle. Ein Röhrenwechsel ist und bleibt wie das gesamte Innenleben der Röhrenverstärker für Gitarre eine Aufgabe für versierte Techniker, die wissen, was sie tun. Wenn du am Stromnetz klebst, hast du ganz andere Sorgen, als den perfekten Sound. Schuster, bleib‘ bei deinen Leisten oder – treffender ausgedrückt – Gitarrist bleib bei deinen Saiten.

Und niemals stirbt sie so ganz

Diese implizierte Unzuverlässigkeit war letztlich der Grund dafür, dass in den 1959er- und 1960er-Jahren der Transistorverstärker entwickelt wurde. Hinzu kam, dass der hohe Klirrfaktor der Röhrenverstärker für Gitarre mit Röhrenverzerrungen und gewollten Rückkopplungen zwar gewünscht war, im Hi-Fi-Bereich jedoch nicht. Es gab erste Entwicklungen von Transistor-basierten Gitarrenverstärkern; dennoch blieb der druckvolle warme Sound die Domäne der Röhrenverstärker für Gitarre.

Die Unzuverlässigkeit wurden oftmals zum Problem | Foto: Shutterstock von Sergey Panychev

Reine Transistorverstärker wurden über lange Zeit mit Marken wie Novanex eher als Übungs-Amps eingesetzt. Die Vorherrschaft von Vollröhrenverstärkern änderte sich zwar schlagartig mit Einführung der Modeling-Technologie. Doch auch dort wird bei aktuellen Modellen oftmals nicht vollständig auf Röhren verzichtet. Diverse der Geräte nutzen zumindest eine oder mehrere Röhren in der Vorstufe.

Vorteile wiegen die Nachteile oftmals auf

Tatsächlich haben Röhrenverstärker gegenüber Transistor- oder Hybridverstärkern auch maßgebliche Nachteile. So sind die Dinger in der Regel sauschwer, außerdem kostspielig und auf Dauer serviceanfällig. Nach dem Spielen müssen die Röhrenverstärker abkühlen, um die Röhren beim Transport nicht zu beschädigen. Hinzu kommt, dass die meisten Röhren-Amps trotz möglicher Leistungsreduzierung der Endstufe über sogenannte Power-Soaks erst mit der Lautstärke ihre Qualitäten ausspielen.

Die dafür benötigten Lautstärken übertreffen oftmals das heutzutage auf Bühnen, in Proberäumen und erst recht im heimischen Wohnzimmer erträgliche Maß. Wer sich allerdings für einen Röhrenverstärker für Gitarre entscheidet – egal ob als Top-Teil mit entsprechender Box darunter oder als Combo mit integriertem Lautsprecher – wird sich über lange Zeit mit diesem Sound identifizieren und sein komplettes Setup darauf abstimmen. Es lebe die Röhre!

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Auch interessant: „Rocksounds am Gitarren-Amp: Weitaus mehr als Einstellungssache“.

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