Combo oder Topteil: Gibt es ein Besser oder Sinnvoller?

Eine musikalische Glaubensfrage

Foto: Shutterstock von Peter Gudella

Die Entscheidung für einen E-Gitarrencombo oder ein E-Gitarren-Topteil mit zugehöriger Box, also einem Stack, ist gar nicht mal so einfach. In der Regel ist heutzutage der individuelle Geschmack ausschlaggebend, sowohl was die Marke als auch die Bauart anbelangt. Unweigerlich stellt sich die Frage, was ist besser, Combo oder Topteil?? Hier der Versuch einer Antwort.

Check it: Combo oder Topteil

  • Grundsätzliche Unterschiede
  • Aus der Perspektive der Bigband-Zeit
  • Anfangs ging es um Durchsetzungsfähigkeit
  • Als die Verstärker regelmäßig abrauchten
  • Die Geburt der Stacks durch Jim Marshall
  • Situation vor Ort ist ausschlaggebend

Combo oder Topteil – die Unterschiede

Versuchen wir, uns an das Thema aus mehreren Perspektiven heranzupirschen. Immerhin sollte man die Unterschiede kennen, um zu einer möglichen Antwort zu gelangen. Die erste Sichtweise führt uns in die 60er- und 70er-Jahre, dorthin, als die meisten Tanzbands Bigbands mit voller Bläserbesetzung waren. Entsprechend laut war das Szenario, wenn der Bläsersatz loslegte. Die Gitarristen hatten keine Chance, sich auch nur ansatzweise durchzusetzen. Technische Möglichkeiten, um mit diesem Schwall mitzuhalten, gab es für Gitarristen nicht. Das änderte sich zumindest ein Stückweit mit der glorreichen Erfindung der Combos.

Für damalige Gitarristen eine Revolution

Als die Combos zu damaliger Zeit Einzug in das Bühnenszenario hielten und die Gitarren entsprechend mit Tonabnehmern bestückt waren, war das für die Gitarristen förmlich eine Revolution. Plötzlich war es ihnen möglich, sich hinter den Combo zu stellen und mit der technischen Unterstützung die Lautstärke der Gitarre um ein Vielfaches zu steigern. Dabei wollten sie sich keinesfalls selbst dichtpusten. Vielmehr standen die Combos vor den Gitarristen. Selbst die Einstellungen am Verstärker wurden von hinten vorgenommen. Das übrigens ist der Grund, weshalb bei damaligen Combos die Beschriftung der Potis reversed, also auf dem Kopf stehend vorgenommen wurde.

Die ersten Combos bedeuteten eine Revolution für die Gitarristen. | Foto: Shutterstock von Janne te Dorsthorst

Als die Verstärker regelmäßig abrauchten

Nun waren die Combos jedoch noch kein technisches und gnadenlos lautes Wunderwerk. Die Leistungsangaben hielten sich in Grenzen, eben jenen, die du heutzutage von einem Übungsverstärkermit vielleicht 10 oder20 Watt erwarten würdest. Und die Combos wurden in den Bigbands auch nicht in die Sättigung getrieben. Erwartet wurde ein klarer und authentischer Klang. Die Zerre war in diesem Genre vollkommen verpönt. Aber man drehte soweit wie möglich auf. Leicht vorstellbar, dass die Verstärker regelmäßig abrauchten und sich ins Stillschweigen verabschiedeten.

Combo oder Topteil – Leistungsfähigkeit versus Transportfähigkeit

Nur folgerichtig wurden leistungsfähigere Combos gebaut, die eben mit stärkeren Trafos, Röhren und Lautsprechern bestückt wurden. Die Büchse der Pandora war geöffnet. Es wurde immer extremer. So brachte etwa Fender den Twin Reverb Combo mit 4×12‘‘-Lautsprechern auf den Markt, der von vielen noch heute als der beste Fender-Combo überhaupt bezeichnet wird. Der Combo brachte mächtig Lautstärke, verhielt sich vorbildlich clean, nur konnte man ihn leider nicht mehr tragen.

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Selbst Stadien mussten von der Bühne beschallt werden

Zeitgleich wurden die Rufe nach noch mehr Lautstärke vehementer; immerhin klopften der Beat, der Rock’n’Roll und der Hardrock unmissverständlich an die Tür, wobei auch die Locations immer größer wurden, die irgendwie beschallt werden mussten. Selbst Stadien mussten von der Bühne beschallt werden. PAs gab es noch nicht und die Gesangsanlagen waren die Bezeichnung nicht wert. Doch das Bauprinzip der Combos war ausgereizt.

Hoffnungslos überfordert, als die Locations immer größer wurden. | Foto: Shutterstock von mahout

Das erste Fullstack der Geschichte von Jim Marshall

Ein gewisser Jim Marshall bekam Besuch von einem ebenso gewissen Pete Townsend, der es leid war, dass im bei den Auftritten mit The Who permanent die Combos durchbrannten. Außerdem wollte er mehr Lautstärke und Schalldruck. Jim erschuf das erste Fullstack der Geschichte, indem er für Pete eine 8 x 12er-Box und dazu ein Topteil mit Schaltung nach dem Vorbild eines Fender Bassman baute. Die Stacks entstanden demnach aus einer Notwendigkeit heraus, der Anforderung der immer höheren Lautstärke. In den Anfängen der Bühnentechnik mussten die Musiker sich mit grundsätzlich anderen Bedingungen zurechtfinden, als das heutzutage der Fall ist.

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Die meisten damaligen Rockmusiker sind hörgeschädigt

Die Gitarrenverstärker und Boxen waren dafür verantwortlich, den Sound möglichst ausreichend laut ins Publikum zu schicken und dienten zugleich als Monitor. Das hieß in den meisten Fällen: Englische Einstellung, alle Fader voll aufreißen. Sofern vorhanden wurde dabei klassischerweise auf Stacks gesetzt, die typische Wand hinter der Band. Automatisch standen die Gitarristen vor den Lautsprechern, mussten dabei mit der Feedbackanfälligkeit umgehen und dröhnten sich und den Bandmitgliedern die Ohren dicht. Im Gegensatz zu heute gab es auf der Bühne keine aufgeräumte Lautstärke.

Combo oder Topteil – Weshalb das Gewicht kein ausschlaggebendes Argument sein kann

Beim Combo sind der Verstärker und der oder die Lautsprecher in einem Gehäuse verbaut. Das hat auf der einen Seite sicherlich den Vorteil, dass die Komponenten sehr aufgeräumt und zudem intern verkabelt sind. Mit normaler Kraftanstrengung kann man einen herkömmlichen Combo nach dem Gig oder der Probe noch tragen, wenigstens ein paar Meter. Der Frage, ob Combo oder Topteil, kommen wir damit aber noch nicht wirklich näher. Üblich ist es übrigens, den Combo in einem Rollen-Case zu transportieren. Das war’s dann mit der Gewichtsersparnis.

Einzeln einfacher zu transportieren; aber leichter wird es nicht

Demgegenüber steht das Stack, die Kombination aus Topteil und separater Box. Auch beispielsweise ein Röhrentopteil bringt ein nicht unbeträchtliches Gewicht auf die Waage, außerdem je nach Größenordnung und Bestückung auch die Box. Wenn man überhaupt etwas hinsichtlich des Transports als Vorteil bezeichnen darf, ist es die Tatsache, dass du Topteil und Box einzeln bewegen kannst. Allerdings hängt sich diese These selbst am nächsten Baum auf, wenn man – wie oftmals üblich – eine 4x12er-Box oder gleich mehrere unter das Topteil gepackt hat. Ein vermeintlich reduziertes Gewicht kann also noch kein Argument für ein Stack sein. Ganz im Gegenteil. Aufgrund der üblicherweise größeren Trafos und der separaten Gehäuse ist das Gesamtgewicht sogar höher als bei einem Combo. Da muss es noch andere Argumente für oder wider Combo oder Topteil geben.

Das Stack ist ganz sicher nur vermeintlich einfacher zu transportieren. | Foto: Shutterstock von arogant

Abstrahlverhalten und Platzierungsmöglichkeiten

Im Gegensatz zu den meisten Gitarrenboxen ist sind die Combos oftmals hinten offen. Daraus ergibt sich das spezielle Abstrahlverhalten. Das Gitarrensignal ist beim Combo sowohl nach vorne als auch nach hinten abstrahlend zu hören, wenngleich nicht identisch, aber nach hinten immer noch identifizierbar. Das kann auf der Bühne gewollt sein, zumal auf den Gitarristen im Monitor teilweise verzichtet werden kann, oder eben störend, weil der Bühnensound dadurch matschig und undifferenziert wird. Auf kleineren Bühnen hingegen ist der Combo deutlich im Vorteil, da er für eine Verwirbelung des Gitarrensignals sorgt.

Der Combo strahlt meistens auch nach hinten ab. | Foto: Shutterstock von Filippo Carlot

Beim Stack sind die Boxen nach hinten geschlossen

Im Gegensatz dazu ist es bei einem Stack üblich, dass die Box nach hinten geschlossen ist; Ausnahmen bestätigen die Regel. Der damit einhergehende Vorteil – gerade auf großen Bühnen – ist, dass der Schall zielgerichtet nach vorne abgestrahlt wird, dabei besser mikrofoniert werden kann und zudem der Bühnensound aufgeräumter bleibt. Hier haben wir somit schonmal zwei pragmatische Kriterien pro oder contra Combo oder Topteil.

Die Stack-Box ist hinten geschlossen, das Abstrahlverhalten weitaus direkter. | Foto: Shutterstock von Valdis Skudre

Soundaspekte der Bauweise nicht unterschätzen

Wenn du dich zwischen Combo oder Topteil mit Box entscheiden willst, solltest du bedenken, dass das Konstruktionskonzept auch für klangliche Unterschiede sorgt. Bedenken wir, dass ein Gitarrencombo zumeist offen gebaut ist, sorgt das dafür, dass die Membran mit dem Resultat deutlicher auslenkt, dass der Sound weniger definiert wird, was sich gerade bei höheren Lautstärken bemerkbar macht. Vintage-Gitarristen und Puristen mögen gerade diesen speziellen Sound. Beim Stack wiederum sieht aufgrund der geschlossenen Bauweise der Box so aus, dass die schalltragende Luft weitaus mehr gestaucht wird. Im Ergebnis wird dadurch der Sound fetter, definierter und zugleich dichter als bei einem Combo.

Statisch kombiniert versus Flexibilität

Vor Augen halten solltest du dir bei der Frage „Combo oder Topteil“, die Möglichkeit, deinen eigenen Sound zu kreieren. Wenn dir der Sound des Combos gefällt, so wie er ist, stellt sich diese Frage nicht wirklich. Allerdings ist klar, dass der Gesamtsound maßgeblich auch von den verwendeten Speakern beeinflusst wird. Bei einem Combo sind die beiden Hauptkomponenten vorgegeben. Bei einem Topteil kannst du dich relativ frei entscheiden, mit welcher Box oder welchen Boxen du es kombinierst. Sofern du dich auf die Suche nach dem musikalischen Soundgral begibst, hat das Stack die Nase zweifellos vorn.

Combo oder Topteil – es kommt darauf an

Oftmals vertreten Musiker die These, auf großen Bühnen kämen nahezu ausschließlich leistungsfähige Stacks zum Einsatz. Das dürfte in dieser Absolutheit so nicht ganz stimmen. Immerhin ist immer wieder zu beobachten, dass insbesondere Musiker, die auf ihre Vintage-Sounds stehen, on Stage ihre Combos platzieren. Der Verstärker in Kombination mit dem Lautsprecher ist letztlich der Soundlieferant. Auf mörderisch leistungsfähige Stacks ist man heutzutage kaum noch angewiesen. Immerhin herrscht allgemein der Trend dazu, auf der Bühne einen aufgeräumten, möglichst Trommelfell verträglichen Sound zu haben. Die eigentliche Übertragung der Backline erfolgt über die PA und die Monitoranlage, häufig über InEar-Monitore. Die Bühnentechnik hat inzwischen ein derart hohes Niveau erlangt, dass man nicht mehr beim eigenen Setup nach Lautstärke gieren muss, sondern sich stattdessen voll und ganz auf den eigenen erwünschten Sound konzentrieren kann.

Die Situation vor Ort ist ausschlaggebend

Tatsächlich ist eine pauschale Aussage, ob Combo oder Topteil besser ist, kaum möglich. Immer hängt es auch von der jeweiligen Situation und der Art der Musik ab. Wer mit einem Fullstack bei einem Jazzkonzert auftaucht, wird vermutlich ausgelacht. Wer hingegen bei einer Speedmetal-Band mit einem Combo seine Soundsalven abfeuern möchte, darf wahrscheinlich nach Hause gehen, bevor überhaupt der erste Ton gespielt ist. Irgendwie muss das Setup auch zum Gesamtbild passen. Dein Vorteil gegenüber den Anfangstagen der Verstärkertechnik: Es gibt so endlos viele hochqualitativ ausgereizte Verstärker und Verstärkertypen, von Vollröhre über Transistor bis zu Hybrid- oder rein digitalen Verstärkern, dass du nicht mehr gegen die Tücken von Akustik und Physik kämpfen musst. Zwischen Combo oder Topteil entscheidest du dich für das, was dir soundtechnisch und pragmatisch am besten gefällt. Ein Besser oder Sinnvoller gab es früher; heutzutage eher nicht.

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Auch interessant: „Gitarrenverstärker einstellen: Weshalb Übertreibungen Sound-Feinde sind“.

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