Gambe spielen – schüchterne Königin der Streichinstrumente

Viola da Gamba – Renaissance-Instrument für Tiefenentspannte

Foto: Shutterstock von Elena Vasilchenko

Die Gambe wird als die wahre Königin der Streichinstrumente bezeichnet, allerdings auch als das vergessene Instrument. Mitte des 16. Jahrhunderts war sie geradezu allgegenwärtig und ein hochbedeutender musikalischer Bestandteil der Renaissance.  Wenn auch du die Vergessene wieder zum Leben erwecken und Gambe spielen möchtest, kommen hier ein paar Tipps für dich.

Check it: Gambe spielen und in die Renaissance eintauchen

  • Auf der Suche nach der korrekten Bezeichnung
  • Wie Gambe und Cello sich unterscheiden
  • Wie die Viola da Gamba gestimmt wird
  • Weshalb das Instrument nur drucklos funktioniert
  • Warum die Gambe sich im Winterschlaf befindet

Gambe spielen – Wortverstümmelung und Verwandtschaftskrise

Wer Gambe spielen will, sollte ein bisschen was über den Namen wissen. Die Bezeichnung Gambe ist eigentlich eine Verstümmelung: Immerhin handelt es sich bei der Viola da Gamba um eine Wortzusammensetzung aus dem Italienischen, wobei Viola für Geige steht und Gamba für Bein. Im Deutschen reduzieren wir das dann auf Gambe.

Okay, wir spielen also auf einem Bein, und zwar auf einem mit sechs bis sieben Saiten. Das hat doch was. Dem dahinterstehenden Sinn kommen wir näher, wenn wir uns vor Augen halten, dass die Viola da Gamba hierzulande früher auch als Kniegeige, Schoßgeige oder Beingeige bezeichnet wurde. Richtig ist, dass sich die Bezeichnung von der Spielhaltung ableitet. Im Gegensatz zur Viola da Gamba werden die Instrumente der uns geläufigen Geigenfamilie als Viola da Braccio benannt. Und eben das wiederum steht für „Armgeigen“.

Risiko inklusive: Im Wortwirrwarr unauffindbar verlaufen

Es wird kompliziert, wieso haben wir gerade das Gefühl, in einem Definitionsversuch vollkommen verkehrt abgebogen zu sein? Vielleicht aufgrund der Vorstellung, man müsste einen Kontrabass nun zwischen Schulter und Kinn klemmen und das Monstrum beim Spielen waagerecht vor sich halten? Immerhin gehört er doch zu den Armgeigen. Unbesehen solcher Absurditäten würde man der Viola da Gamba eine unbedingte Verwandtschaft mit dem Cello andichten. Schon wieder falsch! Zwar entstanden die beiden Instrumentenfamilien zur selben Zeit, dennoch sind sie nicht miteinander verbrüdert, verschwestert oder verschwägert.

Konzerte mit Gambe fanden im kleinen, elitären Kreis statt | Foto: Shutterstock von ZZTop1958

Zur schmackhaften Weißglut gebracht

Und dann gibt’s ja auch noch die Gamberoni, die kannst du essen. Das sind Garnelen. Am besten Salz, Zucker und Backpulver in einer Schüssel mischen und die Gamberoni gut darin wenden, Knoblauch und Petersilie hacken und mit Olivenöl vermischen, mit Zitrone beträufeln und dann zur Weißglut bringen, also grillen. Okay, Schluss damit. Werden wir wieder musikalisch und widmen uns dem Gambe spielen.

Markante Unterschiede zwischen Gambe und Cello

Zunächst unterscheiden die beiden Instrumente sich durch die Anzahl der Saiten, während ein Violoncello üblicherweise vier Saiten besitzt, ist die Viola da Gamba mit sechs oder sieben Saiten bespannt. Ebenfalls unterschiedlich ist die Saitenspannung, die bei der Gambe weitaus geringer ist. Die Gambe ist leiser, lässt sich allerdings polyphoner und auch akkordisch spielen. Nicht zu vergessen, dass die Saiten weniger straff gespannt sind als beim Cello. Auch sind das Griffbrett und der Steg der Gambe geringer gewölbt, wodurch wiederum das Akkordspiel erleichtert wird.

Geringere Lautstärke und weniger Kraftaufwand

Auf der vermeintlich negativen Kehrseite der Vergleichsmedaille steht, dass du auf der Gambe nicht so laut spielen kannst, wie auf dem Violoncello. Es bleibt bei „vermeintlich“, denn die große Lautstärke ist auch nicht das Ziel. Wichtig, wenn du die „Königin der Streichinstrumente“, die Gambe spielen möchtest: Die Viola da Gamba funktioniert nur drucklos, nur mit einer gewissen Grundentspannung wirst du auf dem Instrument vorankommen. Spielst du mit zu hohem Druck, wirst du scheitern zumal du keine einzelne Saite mehr triffst. Zudem entstehen unerwünschte Nebengeräusche. Die Gambe will tiefenentspannt, gewissermaßen familiär gespielt werden.

Die Saiten sind weitaus weniger gespannt als bei anderen Streichinstrumenten | Foto: Shutterstock von Elena Vasilchenko

Gambe spielen: verschiebbare Bünde für den klaren Klang

Im Gegensatz zum Cello oder der Geige ist die Gambe ein Instrument mit Bünden. Diese „Bünde“ der Viola da Gamba sind keineswegs Griffhilfen. Vielmehr müssen sie als künstlicher Sattel verstanden werden, der den Klang der jeweils schwingenden Saite klarer werden lässt. Ebenso handelt es sich dabei nicht um fixierte Bundstäbchen wie etwa bei der Gitarre, stattdessen bestehen die Bünde in der Regel aus Darm wie beispielsweise Saiten, die mit einem speziellen Knoten um Hals und Griffbrett des Instrumentes geschlungen werden und anschließend auch noch verschiebbar sind. In der Regel besaß sie sieben in Halbtonschritten voneinander entfernte Bünde, zuweilen auch acht.

Gamben-Repertoire ist auf dem Cello so nicht spielbar

Tatsächlich hat die Gambe ein spezielles Repertoire, das auf dem Cello nicht spielbar ist. So beispielsweise das typische Gambenstück Antoine Forquerays Suite in G-Dur, das von den Gambisten eine eigenwillige und verquere Technik verlangt. Andererseits kannst du sowohl historische als auch zeitgenössische Stücke auf der Gambe spielen, wobei sie dir große kreative Entfaltungsmöglichkeiten bietet. Klar sein sollte dir allerdings bei allem Enthusiasmus, dass es für die Gambe keine Orchesterstellen gibt. Als Gambist beruflich zu leben, bedeutet per se die Freiberuflichkeit.

Der lange Bogen mit ebenfalls geringer Spannung

Es ist wirklich spannend, einen Blick in die musikalische Vergangenheit zu werfen, so beispielsweise auch beim Bogen. Der ähnelte nämlich eher einem Flitzebogen oder Jagdbogen. Während die Sehne bei einem Sportbogen sehr straff gespannt ist, war der Gambenbogen leicht bis höchstens mittelstark gespannt. Im Gegensatz zur heutigen starren Bogenstange ist die Stange des Gambenbogens gerade und biegt sich erst durch die Spannung der Bogenhaare. Es wäre müßig, an dieser Stelle auf die unterschiedlichen Materialien und baulichen Formen der Bögen damaliger Zeit einzugehen. Es wurde viel probiert und so gab es offensichtlich auch zahlreiche Unterschiede in den Details.

Mit der Viola da Gamba auf historischen Pfaden wandeln

Obschon die Gambe in diversen unterschiedlichen Größen gebaut wurde, gab es lediglich drei, die am häufigsten zum Einsatz kamen, nämlich die Diskant-, Tenor- und Bassgambe. Für die Decke wurde üblicherweise Fichtenholz verwendet, für den Boden, die Zargen und den Hals griff man gerne auf Ahorn als ebenfalls heimisches Klangholz zurück.

Wie die Violinen-Familie gab und gibt es die Gambe in verschiedenen Tonlagen | Foto: Shutterstock von Route66

Die zarten Töne konnten sich nicht dauerhaft durchsetzen

Das Resultat aus den geringen Spannung der Saiten im Zusammenspiel mit dem ebenfalls gering gespannten Bogen ist, dass das Instrument vergleichsweise leise klingt, dabei einen leichten Klangcharakter besitzt. Die facettenreiche Klangfarbe und die Vielzahl der Saiten macht die Gambe perfekt für vielstimmige Musik im kleineren Rahmen. Doch die Orte und Konzertsäle und Orchester wurden größer. Die Violine und ihre Artverwandten wie das Violoncello setzten sich mit strahlendem Klang und höheren Lautstärken durch. Die Gambe verschwand daraufhin etwa im 17. Jahrhundert in der Vergessenheit.

Ein Beispiel mit vollmassiver Bauweise

Bei der Tenor Gambe Roth & Junius Tenor Viol Set John Rose handelt es sich um ein vollmassives Instrument mit Fichtendecke sowie Boden, Zargen, Hals und Griffbrett aus Ahorn. Die Wirbel werden aus Buchsbaum gefertigt. Die Spielmensur beträgt 535 mm bei einer Komplettlänge von 980 mm. Geliefert wird das traditionelle Instrument inklusive Koffer und Bogen.

Roth & Junius Tenor Viol Set John Rose
Roth & Junius Tenor Viol Set John Rose Bisher keine Kundenbewertung verfügbar

Auch angeboten als Bass-Instrument

Ebenso bietet der Hersteller mit der Roth & Junius Bass Viol Set Barak Norman eine 6-saitige Viola da Gamba als Bass-Instrument an, die aus den gleichen Klanghölzern gefertigt wird, sich allerdings durch die Abmessungen und Dimensionen unterscheidet und insofern den Tieftonbereich abdecken kann. Ausgestattet ist das Instrument mit sieben Knüpfbünden bei einer Komplettlänge von 1.210 mm. Vergleichbar ist die Gambe im weitesten Sinne mit dem Kontrabass.

Roth & Junius Bass Viol Set Barak Norman
Roth & Junius Bass Viol Set Barak Norman Bisher keine Kundenbewertung verfügbar

Coole Sache: Instrument mit dem Zwang zur Entspannung

Wer tiefer in die Musik der Renaissance eintauchen und Gambe spielen möchte, profitiert davon, dass es für das Instrument durchaus umfangreiche Literatur gibt. Zwar ist der Eindruck korrekt, dass die Gambe in der Vergessenheit schlummert. Das jedoch macht die musikalische Entdeckungsreise um so spannender. Oder um bei der typischen Spielweise und dem Klangcharakter der Gambe zu bleiben: Die ruhevolle Entspannung ist gleich mit an Bord. Die Gambe zwingt die Spieler förmlich dazu, drucklos zu spielen und könnte somit sogar als meditatives Streichinstrument verstanden werden.

Roth & Junius Tenor Viol Set John Rose
Roth & Junius Tenor Viol Set John Rose Bisher keine Kundenbewertung verfügbar
Roth & Junius Bass Viol Set Barak Norman
Roth & Junius Bass Viol Set Barak Norman Bisher keine Kundenbewertung verfügbar
Gewa Fiddle / Viola da Gamba Bow
Gewa Fiddle / Viola da Gamba Bow
Kundenbewertung:
(8)
Gewa Tenor Viola da Gamba Bow
Gewa Tenor Viola da Gamba Bow Bisher keine Kundenbewertung verfügbar
Gewa Bass Viol Bow Pern. Oct. 42mm
Gewa Bass Viol Bow Pern. Oct. 42mm Bisher keine Kundenbewertung verfügbar

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