Korpus der Akustikgitarre – der Klampfe in den Bauch geglotzt

Wo die musikalische Mahlzeit ihren Lauf nimmt

Foto: Shutterstock von WAYHOME studio

Als Einsteiger auf der Gitarre freust du dich auf und über dein Instrument, mit dem du die Welt der Musik entdecken willst. Neben deiner musikalischen Ausbildung machst du dir irgendwann auch Gedanken über die bauseitigen Zusammenhänge, wie etwa der Konstruktion vom Korpus der Akustikgitarre. Kein Problem, schauen wir einfach mal rein:

Check it: Korpus der Akustikgitarre und seine Anforderungen

  • Es geht um weitaus mehr als lediglich um Design
  • Hörbare Lautstärke entsteht durch Volumen
  • Was schwingt, ist Luft
  • Zwischen Schwingung und Reflektion
  • Holzeigenschaften bedenken
  • Die Bebalkung als entscheidender Stützfaktor

Korpus der Akustikgitarre – weitaus mehr als lediglich Designfaktor

Der Korpus der Akustikgitarre erscheint Laien vermutlich als ein irgendwie zusammengezimmertes Stück Holz, das für das Instrument lediglich formgebend ist. Eine infame These, die an den akustischen, bauseitigen und künstlerischen Realitäten weit vorbeigeht. Glücklicherweise weißt du es besser und gehst diesem Trugschluss nicht auf den Leim. Immerhin ist der Korpus der Akustikgitarre kein zierenden Designfaktor, sondern entscheidend für den Klang als auch die Lautstärke und Dynamik des Instrumentes. Und somit muss er höchst wichtige Aufgaben wahrnehmen.

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Ohne verstärkenden Resonanzraum geht gar nichts

Eine rein akustische Gitarre ohne Resonanzraum kann nicht klingen. Die Schwingungen der Saiten sind ohne eine Verstärkung allenfalls als drahtiges Knacken wahrzunehmen. An dieser Stelle bereits von „zu hören“ zu sprechen, wäre maßlos übertrieben. Da könntest du auch auf dem nächstgelegenen drahtigen Nachbarzaun Musik machen. Wie du hörst, hörst du nahezu nichts. Das bedeutet, die Saitenschwingungen müssen verstärkt werden. Verbleibt die Frage, mit welchem Prinzip das erreicht werden kann.

Ohne Korpus wäre die Gitarre nur eine Sammlung von schlaffen Drähten | Foto: Shutterstock von Maples Images

Was wird denn überhaupt in Schwingungen versetzt?

Um dieses Prinzip zu verstehen, müssen wir uns noch einen weiteren Schritt tiefer in die Thematik wühlen. Die Frage lautet: Was ist es überhaupt, was da in hörbare Schwingungen versetzt wird? Die Gitarrensaite ist es nämlich nicht. Vielmehr dient die Saite als Signalgeber, der wiederum die umliegende Luft in Schwingungen versetzt. Schwer vorstellbar, aber was du hörst, ist keinesfalls die Saite. Was du hörst, ist Luft. Ohne wirksame Verstärkung allerdings bliebe selbst diese schwingende Luft für dich nahezu unhörbar. Exakt an dieser Stelle kommt der Korpus der Akustikgitarre ins Spiel.

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Töne müssen komprimiert reflektiert werden

Der Hohlraum im Korpus der Akustikgitarre bietet zunächst das notwendige Luftvolumen, vom dem die Töne getragen werden. Solange dieser Luftraum allerdings nicht begrenzt wird, wäre das Resultat nahezu identisch mit dem Unhörbaren einer Akustikgitarre ohne Korpus. Erst wenn die Schwingungen innerhalb eines Raumes komprimiert reflektiert werden, kann sich daraus die gewünschte Lautstärke und somit Durchsetzungsfähigkeit ergeben. Exakt das ist lediglich einer der Gründe, weshalb der Korpus der Akustikgitarre abgesehen vom Schallloch geschlossen ist.

Der Weg des Schalls ist komprimiert und diffus zugleich

Abgesehen davon, dass bei einer Konzert- oder Westerngitarre sämtliche Bauteile schwingen und sich der Gesamtton auch aus dem Zusammenspiel aller Komponenten inklusive Hals, Decke und mehr ergibt, tritt die zum Schwingen angeregte Luft über das Schallloch in die Gitarre hinein, wird im Inneren durch die Reflexionen verstärkt und ebenso – hauptsächlich – über das Schallloch wieder ausgegeben. Zugegeben, das stimmt nur teilweise; aber wir wollen die akustischen Grundlagen hier für die bessere Verständlichkeit nicht übertreiben.

Ein- und Ausgang zugleich und dennoch nicht allein verantwortlich | Foto: Shutterstock von ChristianChan

Konzipiert aus schwingenden und reflektierenden Komponenten

Nun besteht der Korpus der Akustikgitarre aus drei Hauptkomponenten: der Decke, den Zargen und dem Boden. Klang- und volumenentscheidend hinzu kommt das sogenannte Bracing – die innere Bebalkung – aber dazu später mehr. Und schon hier werden wir gleich unmissverständlich erkennen, dass der Schall eben nicht nur über das Schallloch austritt. Das Gegenteil ist der Fall. Verstehen müssen wir bis hierher, dass wir für die Tonentwicklung sowohl schwingende als auch reflektierende Elemente benötigen. Das primär schwingende Element ist die Saite, von der wiederum die Luft in Schwingungen versetzt wird. Das sekundär schwingende Element wiederum ist in erster Linie die Gitarrendecke.

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Es geht um Klang- und Lautstärkeentwicklung zugleich

Wäre die Decke der Gitarre nicht fähig zu schwingen, hätten wir einen toten Ton. Möglichweise wäre der noch irgendwie hörbar; schon und voluminös jedoch schriebe sich eindeutig anders. Und schon sind wir beim nächsten Aspekt angelangt. Tonhölzer verschiedener Herkunft besitzen eine gleichermaßen unterschiedliche Struktur; manche sind härter, andere weicher. Und dementsprechend sind sie auch unterschiedlich schwingungsfähig. Vor diesem Hintergrund leicht nachvollziehbar ist es vermutlich, dass für die schwingende Decke häufig weichere Holzarten als für den resonierenden und reflektierenden Boden beim Gitarrenbau zum Einsatz kommen.

Wie wär’s mit Klanghölzern aus Omas‘ Garten?

Und so werden beim Korpus der Akustikgitarre häufig Deckenhölzer aus Fichte oder Zeder verwendet. Es gibt diverse weitere Holzarten wie beispielsweise Birne oder Kirsche, mit denen immer wieder experimentiert wird. Der ökologische Hintergrund dahinter ist, dass durch die Verwendung von heimischen Holzarten der CO2-Fußabdruck beim Instrumentenbau minimiert werden soll. Fichte ist unter normalen Umständen auch hierzulande verfügbar, Zeder muss eher aus Kanada und weiteren Staaten importiert werden. Weshalb sollte man also nicht auf Hölzer aus Omas‘ Garten setzen?

Ausschlaggebend ist der Härtegrad des verwendeten Holzes

Wie auch in anderen Instrumentengruppen versucht man immer wieder neue Wege einzuschlagen. So sind beispielsweise Blockflöten aus Birnbaum keine Seltenheit mehr. Dennoch haben die einheimischen Exoten (kurioser Ausdruck) sich im Gitarrenbau bislang nicht letztgültig durchsetzen können. Die traditionellen Hölzer für die Decke beim Korpus der Akustikgitarre bleiben Fichte und Zeder, wobei beide ihre jeweils speziellen Klangeigenschaften aufweisen sollen. Fichte klingt eher höhenbetont, Zeder etwas wärmer mit Betonung auf die Mitten. Es gibt diverse weitere Tonhölzer mit jeweils eigenen Vor- und Nachteilen, so etwa Mahagoni.

Auch heimische Hölzer haben ihre Vorzüge | Foto: Shutterstock von nnattalli

Zarge muss widerstandsfähig gegen Verwindungskräfte sein

Bei der Zarge als breitflächig gebogenem Verbindungsteil zwischen Decke und Boden steht eher die solide Konstruktion im Fokus. Die Zarge darf die Schwingungen nicht verschlucken, ist dabei allerdings weniger entscheidend für das Zusammenspiel aus Schwingungsentwicklung und Schwingungsreflektion. Die Hölzer müssen bei der Verarbeitung ausreichend biegbar und nach der Verarbeitung widerstandsfähig gegen Umwelteinflüsse und Verwindungskräfte aufgrund des Zugs durch Saiten, Decke und Boden sein. Lediglich eines der typischerweise für die Zarge verwendeten Hölzer ist Palisander in seinen diversen unterschiedlichen Unterarten.

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Wenn die industrielle Fertigung sich selbst ins klimatische Bein beißt

Unbeantwortet bleibt dabei die Frage, weshalb beim Gitarrenbau derart selten auf Bergfichte gesetzt wird. Nachgesagt wird diesem Holz, es sei weder ausreichend hart noch widerstandsfähig genug. Dabei zeichnet sich insbesondere die langsam wachsende Bergfichte erstens durch ihre engen Jahresringe aus und ist zweiten das beliebteste Holz im klassischen Instrumentenbau. Nicht zu vergessen, dass man dieses Holz hierzulande nicht importieren müsste. Doch exakt das „hierzulande“ ist zugleich ein Knackpunkt, zumal die meisten Gitarren aus industrieller Fertigung im Ausland hergestellt werden. Man müsste also heimische Hölzer ins Ausland exportieren, um die Instrumente nach der Fertigstellung wieder zu importieren. Exakt an dieser Stelle stranguliert sich die Geschichte mit den heimischen Hölzern von selbst.

Bracing – die Bebalkung

Schauen wir in den Korpus der Akustikgitarre, bleibt uns nur auf den ersten Blick ein wichtiges Detail verborgen, weil wir es ohne Spiegel nicht sehen können, nämlich das sogenannte Bracing. Bezeichnet wird damit die innere Bebalkung der Gitarrendecke. Von „Balken“ zu sprechen ist sicherlich ein wenig überzogen. Das klingt zu gigantisch nach einem Gartenhaus, einem Carport oder den Holzklötzen, die manche Zeitgenossen vor der Birne haben. Vielmehr handelt es sich um Leisten, die nach einem speziellen Prinzip aufgebracht sind. Die Aufgabe dieser Leisten ist es, die Decke der Gitarre zu stützen und sie gegen die Zugkräfte widerstandsfähig zu machen.

Durch die innere Bebalkung wird die Decke gestützt | Foto: Shutterstock von Kirill Shashkov

Notwendigkeit der Stütze gegen die Zugkräfte

Die dabei entstehende Problematik ist, dass man sich erst größtmögliche Mühe gibt, die Decke frei schwingen zu lassen und die Schwingungen im nächsten Schritt durch das Bracing wieder einschränkt. Das ist eigentlich nicht der Sinn der Sache, aber ganz ohne hilfsbereite Stütze funktioniert es nicht. Der hauptsächliche Grund dafür ist, dass der Steg auf den Korpus der Akustikgitarre geleimt ist, die Saiten also nicht wie bei einer elektrischen Gitarre denkbar oder wie bei vielen Streichinstrumenten durch den Korpus geführt werden. Und an dieser Stelle entstehen durch die Saiten derartige Zugkräfte, dass die Decke das alleine weder halten noch aushalten würden.

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Jede Menge Bracing-Varianten

Um die Schwingungsfähigkeit weitestgehend aufrechtzuerhalten, werden die Verbalkungen nach möglichst schallleitendem Prinzip aufgebracht. Dabei haben sich im Laufe der Jahrzehnte einige durchaus durchdachte Konzepte durchgesetzt. So gibt es beispielsweise das Fan-Bracing, das auch als Fächerbeleistung bekannt ist und hauptsächlich bei Klassikgitarren genutzt wird. Ebenso wirst du auf Begriffe wie das X-Bracing und als aktuellste Variante das V-Class-Bracing treffen. Unbedingt beliebt ist das sogenannte Scalopped Bracing. Toll, jetzt haben wir dir jede Menge Fachtermini um die Ohren gehauen, aber keine wirkliche Beschreibung geliefert. Na dann:

X-Bracing bevorzugt für Stahlsaitengitarren

Das X-Bracing im Korpus der Akustikgitarre bezeichnet schlichtweg zwei große Hauptbalken, die eben in sich überkreuzender Form aufgebracht sind. Dieses Bracing wurde zwar nicht für Stahlsaitengitarren erfunden; die gab es damals noch gar nicht. Aber als sie auf den Markt kamen, war es die ideale Lösung um den Zug von um die 70 kg. in den Griff zu kriegen. X-Bracing wird hauptsächlich bei Western-Gitarren verwendet.

Weniger Holz, mehr Klang: Scalloped Bracing

In diesem Kontext für dich wichtig ist der Begriff „Scalloped Bracing“. Der Begriff steht dafür, dass die Balken die geschwungene Form einer Hängebrücke erhalten, wodurch sie also zu den Seiten hin abgerundet sind. Tatsächlich befindet sich dadurch weniger Holz im Korpus der Akustikgitarre. Das Resultat: Insbesondere die Bässe können sich besser entwickeln.

Der innovativ-heilige Martin-Gral

Die Fangemeinde von Gitarren der Marke Martin sieht eine aktuelle Erfindung der Company als den heiligen Sound-Gral: das Forward Shifted X-Bracing. Hier wird ein Kreuzungspunkt der Leisten definiert, der anders als beim üblichen X-Bracing bemessen ist. Eigentlich sieht die Bebalkung eher wie ein Victory-V aus, das seitlich von kleineren Leisten gestützt wird. Der Klang soll sich durchaus hörbar von den klassischen Varianten unterscheiden. Aber zu den nerdigen Details gerne mehr in einem weiteren Artikel, der über die grundlegenden Anforderungen vom Korpus der Akustikgitarre hinausgeht.

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