Der Unterschied zwischen Gain und Volume beim Live-Mix

Zwischen sauberem Eingangspegel und Lautstärke

| Foto: Shutterstock von TZIDO SUN

Ob laien- oder semiprofessioneller Mix auf der Bühne oder im Studio, zwei Einstellungskameraden werden gerne mal miteinander verwechselt. Wir reden von den Brüdern „Gain“ und „Volume“. Dabei ist die Unterscheidung dieser beiden Artverwandten elementar bedeutend für transparente, druckvolle und saubere Klangergebnisse. Ein paar Gedanken zum Unterschied zwischen Gain und Volume:

Check it: Unterschied zwischen Gain und Volume

  • Volume ist lediglich finale Lautstärke
  • Gain verantwortlich für das saubere Eingangssignal
  • Bedeutung für die Praxis, einpegeln
  • Feinjustierung über Gain-Struktur
  • Luft nach oben lassen
  • Plakatives Beispiel: Gitarren-Verstärker

Volume ist lediglich die finale Lautstärke

Volume ist, der übersetzte Name sagt es bereits, ausschließlich die Lautstärke ohne Beeinflussung des Audiosignals. Überspitzt formuliert wäre vielen Bands sogar damit geholfen, wenn ihnen lediglich diese Funktion zur Verfügung stünde. Zwar ließen sich kaum ein ebenso druckvoller wie dynamischer Live-Mix erstellen. Andererseits wären deutlich weniger Fehlerquellen vorhanden.

Volume bedeutet klangunbeeinflusste Lautstärke | Foto: Shutterstock von TZIDO SUN

Gain verstärkt das Eingangssignal

Gain hingegen verstärkt das Eingangssignal. Allerdings – und exakt hier liegt die Problematik einer Signalkette – ist dieses Signal nicht nur an einer Stelle vorhanden. Stattdessen wird das Ausgangssignal von sämtlichen Protagonisten wie Mikrofon, Instrument, Effektgeräten, Instrumentalverstärkern, Submixern, integrierten Vorverstärkern bis zum Mischpult weitergereicht.

Um die Vorzüge der Gain-Einstellung ausschöpfen zu können, muss der Gain also bei jedem dieser Protagonisten sinnvoll aufeinander abgestimmt werden. Das heißt, das Gain-Cluster beginnt an deinem Instrument oder Mikrofon und erstreckt sich bis zur letzten Verstärkungsstufe, meistens am Mischpult. Tontechniker sprechen hier vom Gain Staging bzw. den Gain-Stufen.

Bedeutung für die Praxis

Gehen wir nun davon aus, dass jeder einzelne von euch die Gain-Stufen von Instrument bis Endstufe korrekt eingestellt hat und sein Signal ans Mischpult liefert. Gleichgültig, ob ihr euch von der Bühne selbst abmischen müsst oder das Glück habt, von einem FoH-Techniker bedient zu werden: Der Ablauf vom Einpegeln der Signalquellen bis zum Gesamtmix ist identisch.

Einpegeln der einzelnen Instrumente

Anfangs werden sämtliche Instrumente einzeln eingepegelt. Am Mischpult gedrückt wird dafür die Solo- bzw. PFL-Taste. In diesem Moment zu hören ist nur das Instrument, das ihr gerade bearbeitet. Nun steuert ihr bei digitalen Mischpulten den Gain-Regler bei digitalen Mischpulten bis in der Anzeige -18 dBFS erscheint. Nutzt ihr einen Analogmischer, regelt ihr die Eingangssignale auf einen Wert von 0 dBu.

Gain-Pegel ist verantwortlich für das saubere Eingangssignal | Foto: Shutterstock von OSABEE

Somit habt ihr die einzelnen Instrumente grob eingerichtet. Von einem stimmigen Gesamtmix seid ihr allerdings noch hörbar weit entfernt. Die Lautstärke der jeweiligen Instrumente ist in diesem Status noch nicht aufeinander abgestimmt. Ganz simpel: Ihr wollt schließlich nicht, dass alle gleichlaut klingen, was bislang der Fall wäre.

Feinabstimmung über die Gain-Struktur

Was nun folgt, ist die Einstellung der sogenannten Gain-Struktur. Darunter versteht man eben die Abstimmung der Lautstärken, wie sie im Endergebnis klingen sollen. Das will sagen: Der Gesang braucht mehr Pfund als die Instrumente, zumal er üblicherweise über allem stehen soll. Die Flächeninstrumente benötigen weniger Schub als die Solo-Instrumente.

Lautstärkeabgleich über die Kanalfader

Die möglichst nebengeräuscharme Vorverstärkung ist über die Gain-Einstellungen erfolgt. Für den Abgleich der Lautstärkeverhältnisse nutzt ihn nun die Kanal-Fader am Pult. Die sind ausschließlich verantwortlich für die Lautstärke.

Auch hier müsst ihr daran denken, die Kanäle möglichst nicht bis ganz oben aufzureißen. Im Laufe des Gigs, auch bei verschieden Songs oder Passagen, seid ihr immer auf Spielraum nach oben oder unten angewiesen.

Lautstärkeabgleich über die Kanalfader | Foto: Shutterstock von Dalibor Sevaljevic

Veränderte Klangcharakteristik

Das Problem: Damit Instrumente oder Stimmen möglichst naturgetreu authentisch klingen, wird der Gain dafür so wenig wie möglich angehoben. Allerdings sind etliche Instrumente aus eigenen Kräften einfach zu schwach auf der Brust, als dass sie ohne eine vernünftige separate Vorverstärkung auskämen, um sich im Gesamtkontext durchzusetzen.

Beachtenswerte Problematik: Nebengeräusche und Klangverfälschung

Plakativ ausgedrückt hat man das Gefühl, dass das Instrument auf halber Strecke zusammenbricht, weil es einfach zu dünn wirkt. Der Eingangspegel wird also – vorsichtig (!) – per Gain-Regler angehoben. Je höher der allerdings eingestellt ist, umso mehr Nebengeräusche werden produziert und umso hörbarer wird die veränderte Klangcharakteristik. Es gilt also, den bestmöglichen Kompromiss zu finden.

Ebenso habt ihr Instrumente mit an Bord, die von Haus aus nicht nur einen zu zügelnden Output liefern, sondern eine immense Dynamik-Bandbreite, beispielsweise das Schlagzeug. Der Drummer hämmert ja nicht permanent wildgeworden auf sämtliche Kessel und Becken ein. Mal spielt er extrem laut, dann wieder filigran leise. Diese Dynamikstufen müssen über den gewählten Gain-Bereich abgebildet werden.

Luft nach oben lassen und nicht in den roten Bereich geraten

Wichtig dabei bleibt, mit wenig Gain zu arbeiten und immer Luft nach oben zu lassen. Wenn ihr die Vocals oder die leiseren Instrumente immer kurz vor dem roten Bereich fahrt, können die einzelnen Signale zwar vermeintlich gut ausgesteuert sein. Spätestens beim Gesamtmix wird’s problematisch, falls ihr einem Instrument noch eine Portion Schub verleihen wollte, aber bis zum roten Bereich kein Platz mehr vorhanden ist.

Das allerdings ist keinesfalls die letzte der möglichen Schwierigkeiten. Hinzu kommt, dass der Gesamtmix – das gilt auch für Aufnahmen im Home-Studio – mit zu niedrigem Gain-Pegel schlichtweg zu schwach klingt. Zugegeben, einfacher wird der brüderliche Kompromiss zwischen Volume und Gain dadurch eher nicht.

Sonderfall gewollte Zerrsounds

Instrumente wie die E-Gitarre dürfen wie in diesem Zusammenhang als Sonderfall verstehen, zumal übersteuerte Sounds hier oftmals gewünscht sind. Wobei der Zusammenhang eigentlich relativ einfach ist: Am Verstärker (oder im Effektgerät) sorgen hohe Gain-Level für die bewusste und vorsätzliche Übersteuerung des Signals. Resultat ist der typisch verzerrte Sound.

Ein Vollröhren-Amp hat eine sogenannte Vorstufe – den Vorverstärker – und eine Endstufe. Wird der Preamp (die Vorstufe) nun mit hohem Gain-Level angefahren, übersteuert das Signal; der Sound wird dreckig, rotzig, verzerrt. Soll der Klang hingegen sauber und clean bleiben, muss der Gain möglichst niedrig gehalten werden. Ein klassisches Beispiel von Marshall findest du auf dieser Produktseite auf thomann.de.

Klassischer Röhrenverstärker als plakatives Beispiel | Foto: von Thomann

Geräteübergreifend identisches Strickmuster von Gain und Volume

Nach demselben Strickmuster funktioniert der Zusammenhang von Gain und Volume bei Multieffektgeräten und auch Modeling-Amps, die mit Simuationen arbeiten, und auch Bodeneffekten wie Distortion, Overdrive oder Compressor.

Praktisch werden hohe Gain-Pegel mit moderater Volume-Einstellung für Heavy-Sounds genutzt. Im Umkehrschluss liefern Einstellungen mit sehr niedrigem Gain und höher aufgedrehtem Volume-Poti die gewünschten Clean-Sounds.

Auch hier also: Dreht ihr lediglich das Volume-Poti hoch, ändert sich am Sound nichts; nutzt ihr stattdessen das Gain-Poti, verändert ihr Klangcharakter und Lautstärke gleichzeitig. Den Volume-/Lautstärke-Regler könnt ihr somit als den Master-Out des Verstärkers verstehen.

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Wollt ihr noch mehr über die sinnvolle Bühnenausstattung erfahren, lest dazu doch mal unseren Artikel zum Thema „Bühnenequipment für Einsteiger“.

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