Liebeslieder vermitteln pure Romantik und stecken voller Emotionen. Und das zieht sich durch sämtliche Epochen – von der Antike über das Mittelalter bis in unsere heutige Zeit. Was ist das Besondere? Wir tauchen tief in die Thematik der Songs mit Gänsehautfaktor.
Check it: Liebeslieder
- Seit wann es Liebeslieder bereits gibt
- Was en gutes Liebeslied ausmacht
- Wie die Musik gestrickt wird
- Welche Themen Liebeslieder beherrschen
- Warum die Sprachverständlichkeit extrem wichtig ist
- Wie sich die Direktheit der Sprache gewandelt hat
- Welche Instrumente bevorzugt zum Einsatz kommen
Liebeslieder berühren seit Ewigkeiten
In der Regel denkt man ja, die Gefühle für sich und seine Zeit gepachtet zu haben. Tatsächlich aber blicken gerade Liebeslieder auf eine faszinierende und weit zurückreichende Geschichte zurück. So erlebten sie beispielsweise mit den sogenannten Minnesängern im 12. und 13. Jahrhundert einen echten Höhepunkt. Diese Musiker waren besonders geschickt darin, Liebeslieder zu erfinden und vorzutragen. Die Balladen handelten oftmals von unerfüllter Liebe, von Sehnsucht und Leidenschaft.
Immer fester Bestandteil der jeweiligen Epoche
Anfangs waren Liebeslieder keine Lieder, sondern hauptsächlich schriftlich verfasste Lyrik, die über Jahrhunderte auch mündlich verbreitet wurde. Ja, es gab sie noch, die Zeit, in der man Gedichte auswendig lernte. Es folgten weitere Epochen vom Minnesang über die Zeit des Barock und der Romantik über die Volkslieder und mehr. Liebeslieder waren immer fester Bestandteil der jeweiligen Epoche. So auch bis hinein in den Pop, Rock’n’Roll, Soul, Rap, Rock und selbstverständlich die Schlager.
Zwischen Schleimspur und Authentizität
Verbleibt die Frage, was ein gutes Liebeslied ausmacht. Herzzerreißend dürfen sie durchaus sein, aber letztlich bleibt es eine Gratwanderung zwischen Romantik und Schmalz. Mit zu viel Kitsch geschrieben, fliegt auch die beste Absicht schnell mal aus der Kurve. Denn letztlich sollte die Story glaubhaft bleiben. Auf der Schleimspur der Interpreten auszurutschen, ist ja auch nicht gerade sinnvoll. Insbesondere im Schlagerbereich hat es immer wieder solche Blüten gegeben, bei denen man einfach denkt: „Hey, das ist mindestens eine Spur to much.“

Wohlklingend Akkorde und Harmonien
Ja, alles ist möglich, aber Liebeslieder – aus welchem Genre auch immer – zeichnen sich in der Regel musikalisch in der Regel durch wohlklingende Harmonien und Akkordfolgen aus; oftmals auch sehr reduziert. Kommt natürlich darauf an, was exakt man ausdrücken möchte; aber gewollte Dissonanzen sind selbst im Jazz in dieser Spezialdisziplin selten bis gar nicht zu finden.
Weniger Tränendrüse mit Dur-Akkorden
Die Wahl der Akkorde wird maßgeblich die Ausprägung der tiefen Gefühle unterstreichen. Wer nicht so extrem auf die Tränendrüse drücken möchte, kann sich auf den Bereich der Dur-Akkorde beschränken. Soll es hingegen auch musikalisch etwas schmalziger klingen, sind die Moll-Akkorde geradezu prädestiniert, ihre Stärken auszuspielen. Allerdings ist auch das – wie teils legendäre Liebeslieder zeigen – kein Muss.
In Liebe, mit Liebe oder über Liebe
So etwa bei „All You Need“ von den Beatles. Unter darin insgesamt neun verschiedenen Akkorden befinden sich gerademal zwei Mollakkorde, im Refrain lediglich einer. Nun könnte man jedoch auch sagen, dass es sich bei diesem Song zwar um ein Lieder über die Liebe, aber keines der Liebeslieder im eigentlichen Sinne handelt, zumal keine Beziehung oder eben Nicht-Beziehung zwischen Personen thematisiert wird.

Wunderschön, aber keinesfalls zeitlos
Dass es Liebeslieder in vermutlich sämtlichen Ländern dieser Welt gibt, wundert wenig. Auf Anhieb möchte man meinen – und das wird auch vielfach so behauptet, sie seien zeitlos, was ja bedeuten würde, dass sie Jahrzehnte und Jahrhunderte überdauern, in jeder Epoche unverfälscht aktuell sind und auch unabhängig von Zeit und Kultur immer wieder gleich geschrieben würden. Das stimmt schon mal nicht. Vielmehr sind Liebeslieder ein ganz besonderer Spiegel der Zeit als auch der Kultur, in der sie entstanden sind. Und dafür gibt es gleich mehrere Gründe:
Schmetterlinge im Bauch in Musik verpackt
Der erste ist die Tatsache, dass Liebeslieder pure Emotion sind. Mit den Songtexten und der Musik werden Gefühle beschrieben, inzwischen offen, ehrlich und nicht selten zu Tränen rührend. Glücklicherweise leben wir in einer Gesellschaft, in der Gefühle wie Liebe und Sehnsucht, Enttäuschung und Trauer, Schmetterlinge im Bauch oder Erotik, aber auch Schmerz, Eifersucht, Melancholie und Trauer bis hin zum Selbstmitleid offen ausgesprochen werden können.
Tiefgründig ehrlich, oftmals zu ehrlich
Das war jedoch beileibe nicht immer so und ist in vielen Ländern bis heute verpönt. Wir wollen es mit der Theorie nicht übertreiben, aber die Liebeslieder bereits aus der Antike und dem Mittelalter zeigen beispielhaft, wie insbesondere die Texte sich den jeweils aktuellen Moralvorstellungen unterordnen mussten. Ganz anders als heute gab es einfach Dinge, über die in der Öffentlichkeit nicht oder allenfalls indirekt gesprochen wurde; so auch in den Texten der Liebeslieder.

Aphorismen, Metaphern – Kunst der Umschreibung
Somit mussten die Texter oftmals zu Kniffen greifen, um den eigentlichen Sinn der Liebeslieder gewissermaßen zu verschleiern. Etwa vom 12. bis ins 13. Jahrhundert hinein hatte die Liebeslieder oftmals eine imaginäre Handlungsebene oder überhöhten und idealisierten die besungene Person durch den Vergleich mit Objekten, also Metaphern.
Selbsterfüllende Vermutung zwischen den Zeilen
Ihr könnt euch kaum vorstellen, wie häufig die Augen der Geliebten schon mit den funkelnden Sternen am Himmel verglichen wurden. Tatsächlich wurde verschleiert, bis sich die musikalischen Balken der Liebeslieder biegen. Zwischen den Zeilen steckt oftmals der Trick der selbsterfüllenden Vermutung. Und hinter vorgehaltener Hand wusste doch jeder was gemeint war.










Schrei nach Liebe, selten absolut direkt
Zwar leben wir inzwischen mit einem vollkommen anderen Zeitgeist, aber letztlich hat sich dabei bis in die heutigen Tage wenig geändert. Liebeslieder sind von Ausnahmen abgesehen höchst selten absolut direkt. Na ja, okay, schön hören wir empörte Aufschreie, was soll noch direkter sein als beispielsweise „I Will Always Love You“ von Whitney Houston? Tatsächlich aber ist und bleibt es die Ausnahme.
Liebeslyrik und Texte zwischen gestern und heute
Dass sich die Texte und Themen innerhalb der Liebeslieder im Laufe der vergangenen Jahrzehnte erkennbar verändert haben, scheint ein Spiegelbild der Gesellschaft. So waren die Texte in den 60er- und 70er-Jahren meist unbeschwerter, beinahe spielerisch. Weitaus seltener fanden sich darin ernsthafte Untertöne als in den Songs etwa aus den letzten 25 Jahren. Liebeskummer wurde früher seltener thematisiert. Forscher führen das darauf zurück, dass die stabile Partnerschaft in der Zeit des Wirtschaftswunders als selbstverständlicher angesehen wurde. Es war ganz sicher nicht alles besser, aber vieles einfacher.

Die Liebe wird komplizierter und unsicherer
Und so sind die Inhalte der neuen Lieder auch oftmals komplexer; Trennungserfahrungen sind so häufig geworden, dass sie vermehrt in der Popmusik thematisiert werden. Die Liebe wird offensichtlich als komplizierter und mit mehr Anforderungen als früher empfunden, wodurch in der Beziehung zwischen zwei Liebenden zugleich mehr Unsicherheit zu herrschen scheint.
Instrumentierung, Dynamik und Lautstärke
Zumal sich die Einordnung der Liebeslieder vordringlich als der Lyrik – der Liebeslyrik – ergibt, gibt es bei den am meisten verwendeten Instrumenten auch kein Ausschlussverfahren. Vielmehr gilt der mehr als abgedroschene Spruch: Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Bei den Klassikern ist häufig zu beobachten, dass Instrumente zum Einsatz kommen, die eben auch klanglich imstande sind, die besondere Emotionalität der Liebeslieder zu transportieren.
Getragenen Instrumente im musikalischen Mittelpunkt
So hängt der Himmel beispielsweise voller Geigen oder Celli. Etwa im französischen Chanson wird die akustische Gitarre oft mit Fingerpicking und Arpeggio gespielt, das Klavier zeichnet sich nicht selten durch bewusst reduzierte Linien aus. Geradezu prädestiniert ist das Saxophon – die emotionale „Kanne“ – um in Rocksongs zum epochalen Solo anzusetzen. Die perkussiven und kurz klingenden Instrumente treten demgegenüber eher in den Hintergrund.










Keine festen Vorgaben bei Harmonie- und Melodieführung
Ein ultimativ feststehendes Strickmuster für Liebeslieder gibt es selbstverständlich nicht. Doch es gibt häufig auftretende Merkmale, an denen du dich orientieren kannst, wenn du deine Traumpartnerin oder deinen Partner mit einem Lovesong beeindrucken möchtest, eben auch und gerade in musikalischer Hinsicht. Wenn wir bekannte Liebeslieder analysieren, stellen wir vor allem fest, dass es zwar eine häufige Struktur gibt. Letztlich aber sind Liebeslieder so unterschiedlich wie die Liebe selbst. Tatsächlich sind die aktuellen Liebeslieder viel romantischer als ihre Vorgänger von Roy Black und Co.
Liebeslieder lassen sich ohne Text nicht erkennen
In allen Kulturen sind Tanzlieder eher laut und rhythmisch, Schlaflieder leise und melodiös und sogar in fremden Sprachen leicht erkennbar. Anders stellt sich das bei Liebesliedern dar. In der Regel werden Liebeslieder im Gegensatz zu anderen nur dann erkannt, sofern die Hörer den Text einigermaßen verstehen. Auch das zeigt, wie komplex und vielschichtig die Liebe als eine der stärksten Emotionen schlechthin ist.








Charles Darwin hatte da so seine eigene Theorie
Dabei soll sich der Gesang doch eigentlich durch die Balz und Paarung entwickelt haben. Bereits Charles Darwin schrieb im Jahr 1875 recht verkopft, es sei wahrscheinlich, dass die menschlichen Vorfahren, bevor sie sich ihre gegenseitige Liebe in artikulierter Sprache gestehen konnten, einander mit Hilfe musikalischer Töne und Rhythmen zu gewinnen bemüht waren. Das scheint ganz schön abgehoben; von Forschern wird diese These nicht gestützt.
Liebeslieder hat es immer gegeben, sogar in der Kirche
Wann das erste Liebeslied in Europa entstanden ist, lässt sich nicht sagen, obschon es Vermutungen gibt, dass es arabische Vorläufer bereits im 11. oder 12. Jahrhundert gab. Letztlich aber reichen die Spuren bis zurück in die Religionen. Die ganzen Lieder von Gläubigen sind eigentlich Liebeslieder; immerhin himmeln all Maria an. Und diese Lieder sind uralt.
Struktur – häufig genutzt, aber nicht in Blei gegossen
Üblich ist es, dass Lovesongs einem Muster aus zwei bis drei Strophen, zwei bis drei Refrains und eine Bridge folgen. Das sieht dann meisten so aus:
- Strophe 1
- Refrain
- Strophe 2
- Refrain
- Bridge
- Strophe 3
- Refrain
- Refrain
Ebenso gebräuchlich ist die Variante, dass nach der Bridge unmittelbar der Refrain – auch bezeichnet als Chorus – folgt, erst dann in die dritte Strophe übergangen wird und anschließend der Chorus doppelt gespielt wird.
Weil ja offenbar nix ohne Listen funktioniert
Weil ja scheinbar nichts ohne Listen funktioniert, werden auch immer wieder die „Top 10“ oder „Top 100“ der schönsten Liebeslieder ausgespielt. Das Problem: Schlichtweg niemand kann über deine Gefühle entscheiden. Niemand weiß, welcher Song deine Emotionen am tiefsten trifft und widerspiegelt; das lässt sich nicht mal anhand von Verkaufszahlen oder Downloads festmachen. Doch zweifellos gibt es Liebeslieder, die es längst in die Liste der ewigen Besten geschafft haben. Hier ein Auszug ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder Wertung:
- All of Me – John Legend
- God Only Knows – The Beach Boys
- Für immer und dich – Rio Reiser
- Lovesong – The Cure
- Love is All You Need – The Beatles
- Nothing C‘ompares To You – Sinead O’Connor
- Wonderful Tonight – Eric Clapton
- I Will Always Love You – Whitney Houston
- When I Was Your Man – Bruno Mars
- Bitte gib mir nur ein Wort – Wir sind Helden
- Unchained Melody – Righteous Brothers
- Your Song – Elton John
- Thinking Out Loud – Ed Sheeran
Wenn wir gerade bei einem Musikgenre sind, ist auch das hier interessant: „Unterschied zwischen Country und Western: Pure Erbsenzählerei?“