Zwischen Hungerlöhnen, fairer Bezahlung und Traumtänzer-Gagen

Musikergagen: Was ihr verlangen könnt und was ihr vielleicht bekommt

| Foto: Shutterstock von LightField Studios

Der Traum eurer Mega-Karriere ist an den Himmel plakatiert. Wer sonst sollte den Sprung auf den Musik-Olymp schaffen, wenn nicht ihr? Natürlich wollt ihr die Charts stürmen, gigantische Konzerte in Mega-Stadien abliefern und in Geld schwimmen. Dass die Realität anders aussieht, ist euch bewusst. Erst recht, seit die Corona-Pandemie bei der Event- und Kulturbranche mehr als eine blutige Nase hinterlasen hat. Schließlich seid auch ihr nicht auf dem Baum aufgewachsen. Träumen darf und sollte man. Aber wie sehen die nüchternen Zahlen bei Musikergagen wirklich aus. Nun, es kommt drauf an:

Check it: Musikergagen von gewünscht bis realistisch

  • Das inflationäre Hungertuch-Thema
  • Dienstleistungsmusik, Umsatz-Gig oder Konzert
  • Die Perspektive der Musiker
  • Aus dem Blickwinkel der Veranstalter
  • Offizielle Empfehlung von Musiker-Verbänden

Musikergagen – die Bandbreite zwischen fair und gar nix

Das Hungertuch-Thema ist in der Musikbranche keinesfalls neu: Musiker beklagen sich ziemlich häufig über Gagen, die ihre Bezeichnung kaum wert sind. Die Vorstellungen vieler Veranstalter und Musiker sind geradezu diametral, sich gewissermaßen spinnefeind. Während die eine Seite glaubt, Künstler dürften sich glücklich schätzen, überhaupt auftreten zu dürfen, will die andere nicht nur gehört, sondern auch gesehen und sogar bezahlt werden. Shit happen!

Eine Frage von Genre und Einsatz

Vollkommen klar ist, dass die erzielbaren Musikergagen sich von Art und Einsatzzweck der Musik massiv unterscheiden. So langsam scheint ja nach den Pandemie-Bedingungen wieder etwas Licht am Horizont zu sein; erste Gigs sind wieder möglich. Spielt ihr auf einer Privatveranstaltung wie einer Hochzeit, bei der ihr schlichtweg Dienstleister seid? Ist es ein Gig in der Musikkneipe oder im Pub, wo sich euer Wert am vermuteten Umsatz des Betreibers orientiert? Habt ihr eine Festanstellung im Musical-Bereich? Oder gebt ihr ein Konzert, bei dem die Kosten – auch die Musikergagen – durch die Ticketpreise des Publikums gedeckt werden müssen? Alle werden wieder aus dem staatlich verordneten Winterschlaf aufstehen müssen. Hoffentlich klappt das bald. Aber was bleibt bei Euch hängen?

Das Butter-und-Brot-Geschäft: Dienstleistungsmusik | Foto: Shutterstock von Wedding Stock Photo

Gagen für Dienstleistungsmusiker

Vermutlich am besten bezahlt werden die Musiker, die sich a la „Fleisch ist mein Gemüse“ im Dienstleistungsbereich bewegen. Private Veranstaltungen wie Hochzeiten oder runde Geburtstage, Firmenveranstaltungen, Schützenfeste & Co. sind ein spezielles Genre, für das sich manche Musiker zu schade sind. Andere wiederum verstehen das als das „Brot-und-Butter“-Geschäft, mit dem sie ihren Lebensunterhalt finanzieren und sich anderweitig dann wirklich künstlerisch ausleben zu können. Dieser Lebensunterhalt konnte lange nicht finanziert werden; solche Veranstaltungen gab es schlichtweg nicht.

Nicht vergessen solltet ihr dabei allerdings auch nicht, dass die privaten Events in den vergangenen Jahrzehnten – auch bereits vor Corona – ohnehin deutlich weniger und erst recht kleiner geworden sind. Das Aussterben der Restaurants und Hotels mit großen Veranstaltungssälen hat nicht erst mit Einführung des Rauchverbots seinen Lauf genommen. Bereits zuvor zeichnete sich ab, dass hierzulande seltener oder im kleineren Kreis geheiratet wird. Und Scheidungen werden üblicherweise nicht euphorisch im großen Kreis gefeiert. Auch das drückt die Musikergagen. Das gesicherte Einkommen wird fragiler und weniger zuverlässig.

Steigende Kosten durch längere Strecken einkalkulieren

Konträr dazu sind die Anfahrtstrecken spürbar länger geworden. Konnten regional agierende Tanzmusik- und Showbands früher noch im regionalen Umfeld an jeder herumstehenden Milchkanne spielen, müssen sie heutzutage – so der Kalender denn einigermaßen gefüllt sein will – sehr viel weitere Strecken bis zum Auftrittsort zurücklegen. Zwangsläufig wirkt sich das auf die Arbeitszeit, die Kosten und letztlich auch auf den übrigbleibenden Betrag aus den Musikergagen aus.

Die Schere zwischen Gästezahl und gesicherter Gage | Foto: Unsplash von Karina Halley

Musikergagen bei Kneipen-Gigs und Co.

Die Rechnung in Musikkneipen wie Pubs und Co. ist ziemlich einfach. Es geht um den überlebenswichtigen Umsatz. Für den Betreiber rechnet sich die Veranstaltung meistens nach dem Faktor, wie sehr die Band als Zugpferd für möglichst viele Gäste taugt. Viele Gäste bedeuten einen vernünftigen Getränkeumsatz. Außerdem ist es gut für das Renommee, wenn in dem Laden regelmäßig richtig was los ist. Aufgrund der Abstandsregelungen sind jedoch nur weniger Gäste und somit auch eine geringere Auslastung erlaubt und möglich.

Das Problem der Betreiber: Im Vorfeld des Events haben sie nicht die geringste Ahnung, wie voll die Hütte wirklich wird. Dieses Risiko versuchen viele auf die Musiker abzuwälzen, bis die Musikergagen gegen Null tendieren. Mit Glück wird die Einsteiger-Band an den Einnahmen aus der Abendkasse beteiligt. Bleibt der Laden leer, ist Ebbe zwischen Daumen und Zeigefinger.

Gerade in kleineren bis mittelgroßen Musik-Clubs werdet ihr immer wieder damit konfrontiert, dass man euch überhaupt keine feste Gage zahlen will. Habt ihr euer Programm abgespult, erlaubt man euch, den Hut rumgehen zu lassen. Welche Ehre. In den wenigsten Fällen werdet ihr – gerade als Newcomer – mit den Musikergagen glücklich werden.

Die Mischkalkulation seriöser Veranstalter

Seriöse Veranstalter kalkulieren vollkommen anders. Denen ist bewusst, dass jedes Event zur hoffentlich positiven, aber bisweilen auch negativen Mischkalkulation wird. Auch dessen, dass Musiker und gastronomische Betreiber letztlich am selben Strang ziehen. Sie wollen die Gäste begeistern, ihnen ein erinnerungsträchtiges Erlebnis bieten.

Sie wünschen und wollen, dass die Gäste vom Ambiente mit all seinen Facetten von Musik über das gastronomische Angebot so angetan sind, dass sie wiederkommen. Solche Veranstalter begreifen jeden Bandauftritt auch als Investition in die eigene Zukunft. Und nur eine einigermaßen vernünftig betreute und bezahlte Band wird zur Zufriedenheit aller Beteiligten abliefern. Lobenswerte Professionalität und sinnvolles Miteinander auf beiden Seiten.

Bei Konzerten bleibt die Musikergage Verhandlungssache | Foto: Shutterstock von Kyle Smith

Konzerte von Indoor bis Open Air

Sobald ihr euch einen wenigstens regional einigermaßen bekannten Namen erarbeitet habt, werdet ihr vermutlich Konzerte abliefern wollen. Sei das die Show im Kleinkunsttheater, in der mittelgroßen Veranstaltungshalle oder beim Open Air. Sofern ihr das Risiko nicht komplett allein tragt – also selbst als Konzertveranstalter tätig werdet – müsst ihr realistisch kalkulieren.

Auf der einen Seite heißt es, sich nicht zu billig zu verkaufen. Schließlich kennt man es: Was nichts kostet, ist nichts wert.“ Realistisch bedeutet in diesem Fall wie so oft im Leben, den goldenen Mittelweg zu finden. Insgesamt sollte es für beide Parteien um eine faire Musikergage gehen, die für den Veranstalter ohne drohende Schieflage leistbar ist. Bis aufs Blut zu verhandeln, mag manchmal funktionieren. Aber ihr wollt hier noch öfter spielen.

Gagenempfehlungen schwer umsetzbar, weil statisch

Wir in anderen Branchen gibt es übrigens Empfehlungen. Die kommen beispielsweise vom Tonkünstlerverband Baden-Württemberg e.V. Die zugrunde gelegten Zahlen sind branchenübliche Richtwerte. In der Realität lassen die sich bisweilen schwer umsetzen. Zu viele Faktoren spielen dabei eine Rolle. Pauschal und allgemeingültig für ganz Deutschland – oder gar grenzüberschreitend – dürft ihr die Empfehlungen nicht verstehen. Der Tonkünstlerverband stellt beispielsweise diese Zahlen in den Raum:

Hochzeiten / Events

500 Euro für 3 Stunden inklusive Pausen, außerdem 100 Euro für jede weitere Stunde. Hinzu kommen Fahrtkosten, Aufwendungen für früheren Aufbau und etwaige Übernachtungskosten. Solche Musikergagen sind im Dienstleistungsbereich realistisch. Eine Hochzeit, die gerade mal 3 Stunden dauert, habe ich allerdings noch nicht erlebt; das hört sich eher nach einer Scheidung an.

Verleibt die altbekannte Frage: Sollten Musiker überhaupt auf Stundenlohn-Basis spielen? Ob ihr fünf, acht oder zehn Stunden spielt, der Aufwand für Anreise, Auf- und Abbau bleibt identisch. Ist es nicht auch den Feiernden gegenüber weitaus ehrlicher und bodenständiger, einen Komplettpreis für den Abend zu nennen?

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Optimale Vorbereitung auf Gigs fängt weitaus früher an, nämlich mit Programm und Probe. Da kann man sich durchaus auf die Füße treten. Schaut doch mal auf diesen Artikel zum Thema „Wie du dich in der Band schnellstens unbeliebt machst“.

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