Das Hackbrett, sein Festival und wie man ein Fan wird

Aus dem Süden in die Welt

Gruppe Almanach | Foto: Daniel Könerle

Die Bilder sind scheinbar klar, die man mit dem Hackbrett assoziiert: Man denkt an Menschen in alpenländischer Tracht, die in den Stuben verschneiter Berghütten zusammen Volksmusik machen – und eben Hackbrett spielen. Doch das Instrument kann viel mehr als „Stubnmusi“ – und vor allem Hackbrettspieler können viel mehr, sagt Antonia Egle, Mitorganisatorin des Münchner Hackbrettfests. Die Musikpädagogin aus München spielt in einem Trio mit Blockflöte, Gitarre und Hackbrett, in einer Band mit E-Gitarre, hat Punkrock-Band-Erfahrung – denn auch im Bereich Jazz und Pop sei das Hackbrett eine Bereicherung. Sie ist außerdem Mitorganisatorin des Hackbrettfestivals, das jedes Jahr in der bayerischen Landeshauptstadt stattfindet. Und sie arbeitet mit einer Kollegin zusammen an einem Hackbrettheft – einem Lehrwerk mit neuen Stücken.

Check it: Das Hackbrett

  • Ein Musikinstrument mit über 3.000 Jahre alter Geschichte
  • Man spielt auf den gespannten Saiten mit Schlägeln
  • Die Saiten können in verschiedenen Tonarten gestimmt werden
  • Das Hackbrett inspirierte einst die Entwicklung des Klaviers
  • Es wird in der Volksmusik gespielt wie auch in Klassik, Jazz und Pop

Was ist an dem Instrument so spannend, dass es bereits der griechische Philosoph und Mathematiker Pythagoras (etwa 570 bis 510 v. Chr.) benutzt haben soll – um Tonhöhen und Längenverhältnisse einer Saite zu messen und zu berechnen? Denn der Aufbau ist im Ursprung einfach: Der Klang bzw. die Schwingung von Saiten, die auf einen Resonanzkörper wie eine Holzkiste gespannt sind, werden durch das Holz verstärkt. Wird die Länge der Saite mit einem Holzklötzchen, also einem Steg, verändert, erklingen rechts und links des Steges verschiedene Töne.

Das Hackbrett besteht also aus einem rechteckigen Resonanzkörper, der aus verschiedenen Holzarten gefertigt ist, häufig aus Fichte oder Ahorn. Die Oberseite des Instruments ist mit einer Vielzahl von Saiten bespannt, die in der Regel aus Stahl oder Nylon bestehen. Die Anzahl der Saiten kann variieren, typischerweise sind es jedoch zwischen 30 und 40 Saiten, die in verschiedenen Tonlagen angeordnet sind. Die Saiten sind über einen Steg gespannt, der sich in der Mitte des Instruments befindet. Der Resonanzkörper verstärkt die Schwingungen der Saiten und sorgt für einen vollen, klaren Klang. An den Seiten des Hackbretts befinden sich oft kleine Klappen, die als Resonanzöffnungen dienen und den Klang weiter verbessern. Die Saiten sind in der Regel in Gruppen angeordnet, wobei jede Gruppe einen bestimmten Ton erzeugt.

verschiedene Hackbretter | Foto: Antonia Egle

Ein weiteres wichtiges Element des Hackbretts ist die Stimmung. Die Saiten können in verschiedenen Tonarten gestimmt werden, was dem Spieler eine große Flexibilität bei der Auswahl der Musikstücke ermöglicht. Die gängigsten Stimmungen sind die diatonische Stimmung, die für die Volksmusik typisch ist, und die chromatische Stimmung, die in der klassischen Musik verwendet wird.

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Wie man das Hackbrett spielt

Das Hackbrett wird in der Regel mit zwei Schlägeln gespielt, die aus Holz oder Kunststoff gefertigt sind. Die Spieler schlagen die Saiten an, um Töne zu erzeugen. Die Technik des Spiels ähnelt der des Klaviers, da die Saiten durch das Schlagen mit den Schlägeln zum Schwingen gebracht werden. Fortgeschrittene Spieler können auch mit den Fingern zupfen oder die Saiten dämpfen, um verschiedene Klangfarben zu erzeugen.

Die Spielweise kann je nach Musikstil variieren. In der traditionellen Volksmusik wird oft eine rhythmische Begleitung gespielt, während in der klassischen Musik komplexere Melodien und Harmonien zum Einsatz kommen. Es gibt auch spezielle Techniken, wie das „Hacken“, bei dem die Saiten mit den Schlägeln in schneller Folge angeschlagen werden, um einen besonderen Effekt zu erzielen. Eine interessante Möglichkeit des Hackbretts ist die „Mehrchörigkeit“: Bei dreichörigen oder vierchörigen Hackbrettern werden pro Schlag mehrere (oktavierten) Saiten angeschlagen.

Antonia Egle | Foto: R. Nickel

Das Hackbrett ist in vielen Kulturen und Musiktraditionen zuhause. Vorläufer des Instruments sollen bereits in Mesopotamien und Ägypten existiert haben. Diese frühen Formen waren oft wie beschrieben aus einfachem Holz. Doch gewinnt das Instrument durch die Jahrtausende Fans – schließlich ist die älteste Darstellung des „psaltērion“ (das griechische Wort „psallo“ bedeutet „zupfen“) rund 3.000 Jahre alt – und dabei bleibt es natürlich nicht bei dieser einfachen Holzbox. Beim barocken Salterio, bei dem das griechische „Psalterion“ noch im Namen erhalten ist, ist der Holzkasten flacher gestaltet und reichlich verziert, das Instrument hat mehr Saiten, das Klangideal ist eleganter. Die Art der Tonerzeugung aber ist bei allen diesen Instrumenten gleich: Ein Schlägel bringt die Saite durch Berührung zum Klingen.

Dies ist auch für Egle und ihre Schülerinnen und Schüler der Vorteil des Instruments: Schlägt man die Saite an, ertönt der gewünschte Ton. „Das ist das Schöne und Motivierende“, sagt sie.

Geschichte und Entwicklung des Hackbretts

Andreas Pehl beschreibt in einem Beitrag für den Bayerischen Rundfunk (Bayern 2 Radio) das Besondere des Hackbrett-Klangs und auch seine Geschichte in der Neuzeit: Im 15. und 16. Jahrhundert war das Instrument vor allem in ländlichen Gebieten verbreitet und wurde häufig bei Festen und Feierlichkeiten gespielt. Im 19. Jahrhundert erlebte es eine Renaissance, als es in die bürgerliche Musikszene integriert wurde. Komponisten und Musiker begannen, das Instrument in ihre Werke einzubeziehen, was zu einer weiteren Verbreitung und Popularität führte. Charakteristisch ist der starke Nachhall des Instruments und der perkussive Anteil im Klang durch das Anschlagen. Dadurch entsteht ein freier Klang, nicht gedämpft, nicht gedeckelt, dafür rhythmisch präzise, mit schneller Ansprache wie bei einem Schlaginstrument.

Die italienische Form des Hackbretts, das Salterio, hatte seine Blütezeit im Barock. In dieser Zeit entstanden zahlreiche Kompositionen für damals bekannte Virtuosen. Antonio Vivaldi komponierte beispielsweise in seiner Oper „Il Giustino“ eine ganze Arie für das Hackbrett als Soloinstrument. Und die Faszination des Salterio reicht bis ins aktuelle Musikleben: Eine der bekanntesten Hackbrettkünstlerinnen, Birgit Stolzenburg, hat in Zusammenarbeit mit dem Instrumentenbauer Reinhard Hoppe den Nachbau eines Salterios aus dem 18. Jahrhundert initiiert. Seit 1990 spielt sie das Instrument, hat Urtextausgaben originaler Salterio-Literatur veröffentlicht und damit vielen Interessierten zugänglich gemacht.

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Andreas Pehl berichtet aus den Archiven, dass 1705 der Hackbrettvirtuose Pantaleon Hebenstreit bei König Ludwig XIV. in Paris spielte. Und auch über die Dimensionen der Instrumente ist einiges überliefert: Gerade in der Barockzeit gab es Instrumentenbauer, die zusammen mit Virtuosen enorm große Hackbretter konstruierten. Bis zu 2,70 Meter lange Instrumente waren in Gebrauch. Deren Klangmöglichkeiten, die tiefen Töne und das Spiel mit leise – laut, mit piano – forte inspirierte Instrumentenbauer zu einem neuen Tasteninstrument. Pantaleon Hebenstreit war mit seinem Instrument ein Klangvorbild für die Entwicklung des deutschen Hammerklaviers. Er hat seine Instrumente von dem berühmten Orgelbauer Silbermann bauen lassen. Die heutigen Klaviere und Flügel sind im Grunde nichts anderes als mechanische Hackbretter: die Tasten bewegen filzbezogene Hämmerchen, die dann auf die gespannten Saiten schlagen.

Barbara Schirmer + Carlo Niederhauser | Foto: Daniel Könerle

Im Lauf der Zeit hat sich für das Instrument eine Bauweise durchgesetzt, die erst wenige Jahrzehnte alt ist: das Salzburger Hackbrett. Es ist eine Entwicklung aus der Mitte des 20. Jahrhunderts. Der Volksmusiker Tobi Reiser stellte eine Besetzung ausschließlich aus Saiteninstrumenten zusammen und übertrug dem Hackbrett statt der bisher üblichen Begleitfiguren auch Melodien – die traditionelle sogenannte Stubenmusik war aus der Taufe gehoben.

Antonia Egle hat selbst mit fünf Jahren begonnen Hackbrett zu lernen und hat viele Schüler in diesem Alter. Allerdings unterrichtet sie auch viele Erwachsene, die das Instrumenten neu lernen oder ihre Kenntnisse aus jungen Jahren wieder updaten möchten. Der Erfolg, eine Melodie zu spielen, stellt sich ihrer Erfahrung nach bald ein: „Ich hatte gerade eine erwachsene Schülerin, die kurz vor Weihnachten begonnen hat und nach zwei Stunden ein Weihnachtslied wie ‚Stille Nacht‘ spielen konnte.“

Wenn man die reine Tonproduktion bald beherrscht – was wird dann durch Üben schöner bzw. besser? Der Klang? Die Virtuosität? Die Koordination der Hände? – „Vor allem die Lockerheit“, sagt Antonia Egle. Wichtig sei, aus der eigenen Verkrampftheit herauszukommen. „Am Anfang ist es oft so, dass man den Schlägel ein bisschen so wie eine Gabel fest in der Hand hält, weil man Angst hat, dass er irgendwie wegfliegt – oder einfach irgendwo aufschlägt. Mit dem Üben gewinnt man Lockerheit und Geschwindigkeit beim Spielen, der Ton wird angenehmer. Anfangs klingt es oft ein bisschen wie ein Roboter“, lächelt sie. Das wirklich genaue Schlagen, um den genauen Ton zu treffen, sei das Schwierige. Dazu kommt, dass der Hackbrettspieler aufgrund der Platzierung des Instruments auf dem Tisch nicht gleichzeitig Instrument und Noten anschauen kann. „Deswegen spielen viele am Anfang auswendig“, weiß Antonia Egle. Erst wenn man ein Gefühl für die Lage der Saiten habe, könne man sich auf das Notenbild konzentrieren.

Hackbrettklasse beim Hackbrettfest | Foto: Daniel Könerle

In jedem Fall stellt sich die Frage nach der Literatur, vor allem, wenn man über die Volksmusik hinaus in Richtung Jazz, Pop und Zeitgenössisches denkt. Auch Antonia Egle möchte zusammen mit Mitstreitern den Blick auf das Instrument weiten: „Viele von uns versuchen, das Hackbrett aus der Volksmusikschiene herauszuholen.“

Wo entsteht neue Hackbrett-Literatur? „Vieles kommt aus der Improvisation“ berichtet Egle, wenn sich das Begleiten anderer Instrumente oder des Gesangs sozusagen verselbstständigt. Gerade im Bereich Neue Musik werde aktuell sehr viel geschrieben „Das finde ich sehr schön“, freut sich Egle und erwähnt vor allem die Komponistin Dorothea Hofmann. Ihre Kompositionen tragen Titel wie „Traumgeschichten“, „Getümmel“ (2019, für Hackbrettensemble) oder „Hexengelächter“ (für Hackbrettquartett, uraufgeführt 2018 an der Musikhochschule München).

Das Hackbrettfestival in München, das vom Verein Hackbrettforum veranstaltet wird, ist jedes Jahr Treffpunkt, Ort des Austauschs, natürlich Ort vieler Konzerte und Workshops, aber auch eine Feier der kulturellen Vielfalt. „Das Festival bringt Menschen aus verschiedenen Hintergründen zusammen und fördert den Austausch zwischen verschiedenen Musiktraditionen. Es bietet eine Plattform für Künstler, um ihre Musik zu teilen und neue Inspirationen zu finden“, heißt es auf der Homepage des Vereins, in dem eben auch Birgit Stolzenburg aktiv ist. Die gebürtige Tegernseeerin, die ihre Karriere mit Schwester und Mutter als Miesbacher Stubenmusi und damit in der Volksmusik begann, ist mittlerweile Professorin für Hackbrett an der Musikhochschule München. Sie spielt auf vielen Bühnen der Welt – heimatlicher Stützpunkt aber ist für sie immer noch die Isarmetropole. So ganz weit weg vom Alpenraum ist also auch die aktuelle Hackbrettkunst samt ihren Musikern, Pädagogen und Fans nicht.

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