Mundharmonika lernen: Die Blues Harp

Ein Klassiker stellt sich vor

Foto: Marc Cooper Lizenz: CC BY-SA 2.0

Das Instrument, um das wir uns hier kümmern wollen, ist eine Mundharmonika – aber nicht nur irgendeine, sondern eine ganz bestimmte: die Blues Harp. Wir erklären dir den Aufbau dieser Mundharmonika und was so besonders an dem Instrument ist

Die Blues Harp
Die Blues Harp Mundharmonika wird gelegentlich auch einfach nur Harp, Harmonica oder Blues Harmonica genannt. Auch der Begriff Richter-Harp oder Richter-Mundharmonika ist durchaus üblich, gibt doch dieser Begriff sogar den Namen desjenigen preis, der sich die Tonanordnung auf diesen Instrumenten ausgedacht hat: Herr Richter aus Nord-Böhmen. Das Blues Harp Modell hat irgendwann einer ganzen Gruppe von Mundharmonikas, die alle nach einem bestimmten Tonaufbau gestimmt und aufgebaut sind, ihren Namen gegeben. Hierbei gilt jedoch leider nicht die goldene Regel, nur da wo Blues Harp draufsteht, ist auch eine Blues Harp drin. Mittlerweile gibt es zahlreiche Hersteller des Blues Harp Modells und somit reichlich viele Produktbezeichnungen.

Die Blues Harp selbst ist als Modell für die Mitte der 1960er Jahre nachweisbar, auf jedem Fall taucht sie erstmalig im Hohner-Katalog 1967 auf. Es gibt außer der Blues Harp noch viele andere Modelle, die nach den gleichen Prinzipien aufgebaut sind. Egal ob sie nun Marine Band, Special 20, Pro Harp, Silvertone, Star Performer, Blues Master, Blues Session, Blues Solist Pro, oder Lee Oskar genannt werden. Unterscheiden tun sie sich zum Beispiel in der Art des Materials. Einige verfügen über Holzkanzellenkörper, andere besitzen einen Kanzellenkörper aus Kunststoff und manche Harps haben auch einen Korpus aus Bambus. Was allerdings den Tonaufbau und die einzelnen Bauteile angeht, sind die unter dem Oberbegriff Blues Harp zu findenden Mundharmonikas alle nach den gleichen Vorgaben hergestellt.

Der Aufbau der Blues Harp

Vielleicht willst du deine Harp ja mal zum Reinigen auseinanderbauen oder eventuell die Stimmplatten auswechseln. Dann solltest du wissen, wie die ganzen Einzelteile richtig und vor allem spielbar wieder zusammengefügt werden.

Diese grundlegenden Bauteile werden von den verschiedenen Herstellern zu den unterschiedlichsten Modellen zusammengebaut. Hier eine kleine Auswahl:

Blues Harp

Die Hohner Blues Harp besitzt einen Kanzellenkörper aus strapazierfähigem Doussie-Holz. Dieses quillt durch den beim Spielen entstehenden Speichelfluss relativ wenig bis gar nicht auf. Sie ist das wohl gängigste Modell der „Richter“-Baureihe. Durch das in der Fertigung verwendete Modular System MS ist durch einfache Verschraubung ein unkomplizierter Austausch der Stimmplatten möglich.

Big River Harp

Bei der Big River Harp ist ein Korpus aus Kunststoff verwendet worden und die Deckelplatten besitzen seitliche Schlitze. Diese sorgen für einen etwas helleren Sound. Die Big River Harp gehört ebenfalls zur Hohner MS-Serie.

Marine Band

Der Klassiker! Nahezu sämtliche der großartigen Blues-Einspielungen aus den fünfziger und frühen sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts sind auf diesem Hohner-Modell eingespielt. Kanzellenkörper aus Birnbaumholz, seitliche Luft schlitze in den Deckelplatten. Heute gibt es in der Produktlinie auch die Marine Band deluxe mit zusätzlich lackiertem Mundstückbereich und Marine Band crossover mit Kanzellenkörper aus Bambus.

Special 20

Wie die Marine Band 1896 vom Marktführer Hohner ist auch die Special 20 ein schon früh eingeführtes Modell. Die Stimmplatten sind in den Kunststoff- Kanzellenkörper eingepasst. Sehr guter Ton und leichte Ansprache.

Lee Oskar

Das Modell Lee Oskar kommt vom japanischen Hersteller Tombo. An den Ecken abgerundeter Korpus aus Kunststoff und recht flach gehaltene
Deckelplatten aus Edelstahl. Im Korpus versenkte Stimmplatten sorgen dafür, dass deren Vorderkante nicht mit den Lippen in Berührung kommt.

Blues Session

Die Firma Seydel stammt aus dem Klingenthal und fertigt dort seit 1847 Mundharmonikas. Deren Modell Blues Session bietet eine elegante Form der Deckelplatten über den gesamten Kanzellenkörper. Dieser ist aus Kunststoff und abgerundet.

1847 Classic

So nennt Seydel diese Harp mit versiegeltem, absolut quellfreiem Kanzellenkörper aus Ahorn und Stahlstimmzungen.

1923 Vintage Harp

Aus Brasilien gelangen die Harps des Herstellers Hering zu uns. Deren 1923 Vintage Harp kommt ganz im Stil der Hohner Marine Band daher. Künstlich gealterte Messingdeckelplatten und ein versiegelter Kanzellenkörper aus Tropenholz prägen ihr Erscheinungsbild.

Die Merkmale einer Blues Harp
An folgenden Merkmalen kannst du eine Mundharmonika, die zu den Blues Harps zählt, ganz gut erkennen: Erst einmal ist sie nicht allzu groß, besitzt eine Länge von zehn bis zehneinhalb Zentimetern und hat vor allem nur zehn Luftkanäle. In jedem von diesen zehn Kanälen befinden sich zwei Stimmzungen. Die eine davon reagiert auf geblasene Luft und die andere auf gezogene Luft. Beide Stimmzungen sind zudem auch noch von unterschiedlicher Tonhöhe. Was bedeutet, dass beim Ausatmen ein anderer Ton klingt als beim Einatmen. Zudem sind diese Töne oder besser gesagt die Klangerzeugung dieser Töne auf den Blues Harps einfachtönig bzw. einfachchörig. Was bedeutet, dass immer nur eine Stimmzunge einen Ton erzeugt. Ganz anders als bei Mundharmonikas, die meistens wesentlich größer sind und einen Steg in der Mitte des Instrumentes besitzen – ein Steg, der jeden Kanal praktisch noch einmal trennt. Hierbei handelt es sich um so genannte doppelchörige oder zweifachchörige Instrumente. Es klingen bei diesen Mundharmonikas immer zwei Stimmzungen für einen Ton. Sind diese beiden Stimmzungen eine Oktave auseinander gestimmt, dann spricht man von der Wiener-Oktav-Ton-Stimmung. Du spielst also z. B. ein tiefes C und ein hohes C gleichzeitig an. Oder aber diese beiden Stimmzungen sind leicht versetzt zueinander gestimmt, so dass immer eine Schwingung oder ein leichtes Tremolo zu vernehmen ist. Hierbei handelt es sich dann um die so genannte Knittlinger-Tremolo-Stimmung.

Mit solchen Mundharmonikas setzen wir uns hier allerdings nicht auseinander. Die Namen dieser Instrumente wie Unsere Lieblinge, Echo Harp, Echo Kreuzwender, Alpenecho, Comet, Rheingold oder Donauwellen suggerieren ja nun wahrlich auch nicht auf Anhieb, dass man so etwas Ähnliches wie Blues drauf spielen kann. Zudem würde es auch überhaupt nicht funktionieren. Diese Instrumente kannst du gut für Volkslieder, Wanderlieder, einfache Melodien oder Ähnliches verwenden, nicht aber, um Blues zu spielen.

Tonaufbau der Blues Harp
Es ist jedoch noch längst nicht alles zur Blues Harp gesagt. Jetzt geht es um den Tonaufbau, der sich von dem anderer Mundharmonikas unterscheidet. Auf der Blues Harp findest du einen diatonischen Tonaufbau vor. Das bedeutet, dass auf jeder dieser Mundharmonikas nur die Töne einer Tonart vertreten sind. Der Buchstabe, der diese Tonart bezeichnet, steht immer irgendwo auf dem Instrument. Entweder an der Seite, oben auf der Deckelplatte, oder auf der Vorderseite. Siehst du dort nun beispielsweise den Buchstaben C bedeutet das, dass dieses Instrument in der Tonart C-Dur gestimmt ist. Du findest also nur die Töne der C-Dur-Tonleiter, verteilt auf die zehn Kanäle und zwanzig Stimmzungen der Harp. Daraus ergibt sich ein Tonumfang von drei Oktaven. Blues Harps gibt es in allen zwölf Dur-Tonarten, wobei das Verhältnis der Töne untereinander und zueinander immer gleich ist. Auf einer Harp in A sind nur die Töne der A-Dur-Tonleiter, auf einer in D nur die der D-Dur-Tonleiter und so weiter. Üblicherweise nimmst du eine andere Mundharmonika, um in einer anderen Tonart zu spielen.

Aber nun muss sich ja auch irgendjemand mal einen Gedanken dazu gemacht haben, wie denn jetzt diese Töne auf genau diesem Instrument sortiert werden können, damit es Sinn macht, darauf zu spielen. Genau diese Gedanken hat sich ein gewisser Herr Richter (sein Vorname war höchstwahrscheinlich Joseph) gemacht. Er stammte aus Haida in Nord-Böhmen. Experimente mit dem Tonaufbau gab es wohl seit 1810/20. Friedrich Buschmann aus Berlin entwickelte eine Stimmhilfe für Orgel und Klaviere. Diese hatte allerdings ausschließlich Blaszungen und war chromatisch in Halbtonschritten angeordnet.

1827 kamen die ersten Buschmann’schen Teile über Wien und Berlin nach Trossingen. Um diese Zeit oder etwas später tauchte dann besagter Joseph Richter auf, ein Instrumentenbauer aus dem Erzgebirge. Er legte gegen Ende der 1850er Jahre die uns bekannte Tonfolge fest. Diese erwies sich als äußerst praktikabel, auch wenn es gerade eben am Anfang darum ging, mit ein wenig üben schon zu ersten klangvollen Ergebnissen im einfachen Melodiespiel zu gelangen. Richters Tonfolge wurde beibehalten und hat sich bis heute bewährt. Nach eben diesem Joseph Richter ist auch die Stimmung der Instrumente benannt: man spricht demzufolge auch von Richter-Mundharmonikas, oder von nach dem Richter-System gestimmten Mundharmonikas.

Nun müssen wir aber nicht die komplette Blues-Geschichte umschreiben, um unserem Herrn Richter entsprechend Ehre und Anerkennung zukommen zu lassen und das Epi-Zentrum der Entwicklung des Blues Genres vom Süden der USA und dem Mississippi Delta in den böhmischen Wald oder in den Schwarzwald verlegen. Denn zu der Zeit, in der Richter seinen Tonaufbau erschuf, war von all diesen musikalischen Entwicklungen der afro-amerikanischen Kultur noch nichts zu erkennen. Und die Musik, die wir heute als Blues bezeichnen, überhaupt noch nicht geschaffen.

Die Techniken, die die Spielweisen des Instrumentes geradezu revolutionierten, entwickelten sich erst Jahre nach der Einführung des Tonaufbaus, eigentlich erst nachdem die ersten Richter-Harps in die USA gelangten. In den USA setzten sich um die Jahrhundertwende Modelle mit dem Namen Marine Band durch. Sie waren nach dem Richter’schen Tonaufbau hergestellt. In der Folge wurde die Modellvielfalt größer und um den angehenden Spielern seinerzeit zu vermitteln, um welche Instrumentengattung es ging, sprach man in den USA von Marine Band Type Harps, statt von Richter-Mundharmonikas und zollte so dem populärsten Modell einen kleinen Tribut. Später sprach man dann auch von Blues Harp Type Harmonicas, dem heute bekanntesten Modell dieser Gattung.

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